Wohnhäuser Libellenweg

 
8048 Zürich,
Schweiz

Veröffentlicht am 09. April 2025
Lamprecht Villa Architektur GmbH
Teilnahme am Swiss Arc Award 2025

Projektdaten

Basisdaten

Lage des Objektes
Libellenweg 2-4, 8048 Zürich, Schweiz
Projektkategorie
Fertigstellung
12.2024
Links

Gebäudedaten nach SIA 416

Stockwerke
3 bis 5
Anzahl Kellergeschosse
1
Anzahl Wohnungen
8
Grundstücksfläche
786 m²
Geschossfläche
1688 m²
Nutzfläche
1168 m²
Gebäudevolumen
5578 m³
Parkplätze
9

Beschreibung

Ausgangslage
Vier lokal verwurzelte Bauherrschaften mit unterschiedlichen Ideen schlossen sich zusammen, um auf benachbarten Parzellen zwei Wohnhäuser mit einer gemeinsames Konzeptidee zu entwickeln. Lamprecht Villa Architektur haben zwei unabhängige aber strukturell verwandte Gebäude entworfen, in der Körnung der Umgebung, mit vielfältigen Aus- und Durchblicken sowie einem gemeinsamen Aussenraum. Es wurde nach einer starken aber gleichzeitig flexiblen Struktur gesucht, die beide Gebäude durchdringt und unterschiedlich bespielt werden kann. Schlanke Decken, Unterzüge und Stützen bilden ein dreidimensionales Raumgitter, welches das gesamte Gebäude strukturiert. In diese Struktur werden unterschiedliche Grundriss-Layouts eingewoben: So entsteht eine grosse Vielfalt an Wohnungen mit unterschiedlicher Zimmerzahl und wechselnden Orientierungen. Da sämtliche Wände in Leichtbauweise erstellt sind, lassen sich die Wohnungen einfach an neue Bedürfnisse anpassen: Eine neue Leichtbauwand ist schnell eingezogen und ein weiteres Zimmer für das zusätzliche Kind, die neue Mitbewohnerin oder den benötigten Arbeitsplatz geschaffen.

Städtebau
In den 1930er-Jahren wurde im Süden von Altstetten die Siedlung Libellenweg mit einem Duzend gleichartiger Punkthäuser errichtet. Die zweigeschossigen, verputzten Häuser mit Walmdach sitzen mittig auf ihren Parzellen und stecken ein rechteckiges Geviert ab, das von Landwirtschaftsfläche umschlossen wird. Nach der Eingemeindung Altstettens wurde das Quartier als Gartenstadt angelegt und mit seriellen Häuserzeilen bebaut, wobei die Siedlung Libellenweg als eine Art Insel fortbesteht. 2016 trat eine neue Bau- und Zonenordnung in Kraft, welche auf den Parzellen eine erhöhte Ausnutzung mit vier Regelgeschossen erlaubt. Dies setzte einen Transformationsprozess in Gang, in dem die ursprünglichen Häuser sukzessive ersetzt werden, wobei die Qualitäten der Punkthäuser mit ihren umgebenden Gärten und vielseitigen Durchblicken erhalten blieben. In diesem Zug entstanden auf den benachbarten Parzellen am Libellenweg die beiden neuen Wohnhäuser Nummer 2 und 4.

Flexibilität und Permanenz
Je Geschoss sind die beiden Häuser durch die Stützen und Unterzüge in neun Felder unterteilt, wovon zwei für die vertikale Erschliessung genutzt werden. Die restlichen sieben Felder stehen dem Wohnen zur Verfügung: Das mittlere Feld dient jeweils als Eingang und Verteilfläche, ein Feld wird für die Nasszellen und eines als Küche benutzt, die je nach Layout gross genug ist, um als Essküche zu funktionieren. Die restlichen vier Felder können je nach Bedürfnis zum Wohnen, Arbeiten, Schlafen, Essen, als Kinderspielfläche oder Gästezimmer genutzt werden. Durch den Einbau oder das Entfernen von Trennwänden, die keine statische Funktion übernehmen kann so unterschiedlichen Wohnbedürfnissen entsprochen werden. Durch diese generische Grundanlage mittels einer starken aber einfachen Tragstruktur können die Wohnungen auch im Laufe der Zeit einfach auf sich verändernde Bedürfnisse reagieren. Ziel war hier Permanenz, denn nachhaltig sind in erster Linie Häuser, die die Zeit überdauern und nichts an ihrem Nutzwert einbüssen.

Architektur
Die Struktur ist innen räumlich erlebbar, Stützen und Unterzüge werden freigespielt. Die vorgehängte Fassade in Holzkonstruktion umhüllt das Raumgitter wie eine Haut und die aussen angeschlagenen Fenster bilden innen tiefe Simse aus, die wie Möbelstücke bespielt werden können.
Die innere Struktur zeichnet sich auch aussen ab: Der Fassade liegt ein Raster zugrunde, an dem sich Stützen, Fenster und  Wandelemente ausrichten. Die Eckstütze springt jeweils um ein Rasterfeld zur Seite, wodurch verglaste Eckfenster möglich werden, die weite Ausblicke ins Quartier ermöglichen und trotz den knappen Platzverhältnissen ein Gefühl von Weite schaffen. Zwei umlaufende Brüstungsbänder zonieren das Gebäude in zwei Abschnitte und geben der Fassade eine neue Massstäblichkeit, die einen Bezug zu den zweigeschossigen Bestandeshäusern schafft. Erker und Balkone, in freier Komposition angeordnet, geben den Gebäuden eine Leichtigkeit und Verspieltheit sowie den Wohnungen zusätzliche Blickrichtungen.

Gesellschaft
Die beiden Gebäude schreiben den Grundgedanken der ursprünglichen Siedlung fort, nämlich ein Wohnen in der Natur mit viel Licht, Luft und Sonne anzubieten. Trotz der erhöhten Ausnutzung bleibt Wohnen zwischen üppigen Gärten möglich. Unterschiedlich gross geschnittene 3- und 4-Zimmerwohnungen, Studios sowie eine Maisonette bieten Wohnräume für verschiedene Bedürfnisse und Lebensformen. Kleine und mittelgrosse Familien, Paare, Renterinnen und Wohngemeinschaften finden durch die unterschiedliche Ausformulierung der Grundrisse passende Wohnräume. Die flexible Struktur der Wohnung ermöglicht es zudem, auf veränderte Bedürfnisse zu reagieren, indem jederzeit Trennwände entfernt oder hinzugefügt werden können.
Die Bewohnerschaft soll eine bereichernden Gemeinschaft bilden und im Austausch mit dem umliegenden Quartier stehen. Sie übernehmen selbst die Gartenpflege, sodass der gemeinsame Sitzplatz wird zu einem anregenden Ort der Gemeinschaft avanciert, wo spontane Treffen sowie Sommerfeste stattfinden können.

Freiraum
Die Grundstücke sind in der Tradition der ursprünglichen Siedlung mit Mauern gefasst womit Höhenunterschiede aufgenommen werden. Vom Libellenweg gelangt man über separate Zugangswege zu den jeweiligen Hauszugängen mit offenen Veloabstellplätzen. Zwischen den beiden Häusern steht der Bewohnerschaft ein Gemeinschaftsplatz mit fest installiertem Mobiliar zur Verfügung. Die Tiefgaragenzufahrt erfolgt über das untere Haus, womit die Autofahrten am Libellenweg minimiert werden. Beiden Parzellen sind von einem gemeinsamen Garten umschlossen. Dabei wechseln sich mäandrierende Flächen aus hochwachsenden Wildstauden, Chaussierungen und Pflästerungen ab. Unterschiedliche einheimische Baumarten erheben sich über den prärieartigen Wildstauden und bilden gemeinsam in ihrer Färbung und Frucht eine heitere Atmosphäre. Der Garten trägt trotz seiner beschränkten Ausdehnung zu einer Stärkung der Biodiversität bei und wird zum Lebensraum für Vögel und Insekten.

Nachhaltigkeit
Die minimierte Tragkonstruktion und die Fassadenkonstruktion in Holzbauweise spart einen erheblichen Anteil an grauer Energie ein. Die grosszügige Befensterung ermöglicht eine optimale Tageslichtnutzung, wobei die aussenliegende Verschattung eine Überhitzung im Sommer verhindert. Die Wärmeerzeugung erfolgt mittels Erdsonden und wird über ein Bodenheizsystem mit tiefen Vorlauftemperaturen abgegeben. Auf dem Dach liefern PV-Module Strom für den Eigenbedarf.
Die kompakte Bauweise und der ins Gebäude integrierte Autolift ermöglichen es, praktisch den gesamten Aussenraum als Garten auszubilden. Der Staudengarten und die einheimischen Bäume fördern die Biodiversität und verbessern das Mikroklima. Das Dach ist extensiv begrünt und sämtliche Beläge sind sickerfähig, was ein Austrocknen verhindert. Die Pergolen auf dem Dachgeschoss machen die Terrassen im Sommer zudem zu Dachgärten.

Das Projekt von Lamprecht Villa Architektur wurde für den Swiss Arc Award 2025 eingereicht und von Elisa Schreiner publiziert.

Verwendete Bauprodukte

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