Arc Mag 2024–2 zoomt hinein in die Stillen Zonen

Veröffentlicht am 07. März 2024 von
Jørg Himmelreich

Als das Studio Basel 2005 seine Studie «Die Schweiz. Ein städtebauliches Portrait» vorstellte, sorgte die von ihnen als «Stille Zonen» bezeichneten Regionen – Gros-de-Vaud mit den Freiburger Voralpen, das Napfgebiet und Appenzell-Toggenburg – für Aufsehen, oder besser gesagt die Empfehlung, diese so wenig wie möglich weiterzuentwickeln und sie stattdessen als Naturparks zu erhalten.

Was ist fast zwei Jahrzehnte später aus diesem Diskurs geworden? Die Schweiz ist seitdem um 1,2 Millionen Einwohner gewachsen. Weil in den Metropolitanräumen unbebautes Land zur Neige geht und die innerstädtische Verdichtung nicht mit dem wachsenden Innenraumbedarf Schritt halten kann, hat sich die Urbanisierung wie prognostiziert auch in die Stillen Zonen weiter hinein­geschoben. Das hat die Orts- und Landschaftsbilder verändert. Besonders hart hat es die Biodiversität getroffen; sie ist massiv unter Druck geraten. Im Rückblick auf die Forderung der Jahrtausendwende, die Stillen Zonen – wenn möglich in ihrer baulichen Entwicklung einzufrieren – gärt die Erkenntnis: Nicht nur aus Sorge um die Dorf- und Landschaftsbilder wäre eine möglichst umfassende Beschränkung gut gewesen, sondern vor allem bezüglich des Erhalts von Flora und Fauna.

Mit dem aktuellen Mag 2024–2 zoomt die Redaktion in das Baugeschehen der Stillen Zonen hinein, indem vier neue Projekte vorgestellt werden, die in oder nahe an den vom Studio Basel definierten Regionen liegen. Die Autor*innen der Essays haben bei ihren Besuchen vor Ort festgestellt: Die Stillen Zonen sind lauter geworden, die Bauten spriessen und die Infrastrukturen werden kontinuierlich ausgebaut. War also der Aufruf des Studio Basel, sie in ihren Eigenheiten zu pflegen und ihrer «Langsamkeit» zu kultivieren, umsonst? Politisch muss man das wohl weitestgehend so konstatieren. Aber in den Köpfen von Architekt*innen – zumindest einiger Protagonist*innen – hat die Idee der Wertschätzung der geringen Geschwindigkeit und der Zurückhaltung nachgehallt. Sie versuchen, mit dezenten Neu- und Umbauten das architektonische Bild der Kleinstädte, Dörfer und Weiler zu erhalten beziehungsweise weiterzustricken. Das mag heimattümlerisch oder romantisch klingen. Die vier Projekte in unserem Heft zeigen jedoch, dass es möglich ist, neue Bauten aus dem Kontext heraus zu entwickeln und sie regional zu verankern und zugleich im Inneren zeitgemässe – mitunter gar urban anmutende – Raumkonfigurationen zu schaffen, die Brücken schlagen, zwischen den ruralen Welten der Stillen Zonen und den urbanen Ansprüchen, die – immer vehementer – in sie hineingetragen werden.

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Die Redaktion wünscht viel Spass beim Lesen!

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