Powerhouse Arts

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11215 New York,
Vereinigte Staaten von Amerika

Veröffentlicht am 07. Februar 2024
Herzog & de Meuron Basel Ltd.
Teilnahme am Swiss Arc Award 2024

Projektdaten

Basisdaten

Lage des Objektes
322 Third Avenue Brooklyn, 11215 New York, Vereinigte Staaten von Amerika
Fertigstellung
03.2022
Links

Gebäudedaten nach SIA 416

Stockwerke
6 bis 10
Anzahl Kellergeschosse
1
Grundstücksfläche
10'100 m²
Geschossfläche
16'270 m²
Gebäudevolumen
91'988 m³

Beschreibung

Powerhouse Arts ist eine gemeinnützige Einrichtung mit Sitz in Gowanus und Red Hook im New Yorker Stadtbezirk Brooklyn – gegründet, um eine Plattform für Kunstproduktionen und Beschäftigungen im Kunstbereich zu schaffen. Bestehend aus mehr als 16'000 Quadratmetern Werkstattfläche für die Herstellung von Holz, Metall, Keramik, Textilien und Druckerzeugnissen, verwandelt das Sanierungsprojekt ein baufälliges Gebäude auf einem kontaminierten Gelände in ein Zentrum für Künstler, Verarbeiter und weitere Arbeitnehmer. Dadurch wird sichergestellt, dass das industrielle Erbe des Standorts bis ins nächste Jahrhundert reicht. Mit der Umgestaltung des 115 Jahre alten Kraftwerks in eine moderne Produktionsstätte zielt das Projekt darauf ab, die industrielle Präsenz im historischen Teil von Brooklyn zu bewahren. Die Erhaltung, Restaurierung und Rekonstruktion wesentlicher Elemente des ursprünglichen Objektes stärkt den industriellen Charakter des Gebäudes und seine Beziehung zum unmittelbaren städtischen Umfeld.

Ausgangslage
Das Projekt liegt am Gowanus-Kanal, einer natürlichen Senke zwischen den Stadtvierteln Red Hook, Carroll Gardens im Westen und Park Slope im Osten. Im Jahr 1904 wurde die von Thomas Edward Murray entworfene Brooklyn Rapid Transit Power Station fertiggestellt, um das expandierende Nahverkehrssystem von Brooklyn mit Strom zu versorgen. Bei der Stilllegung in den 1950er-Jahren wurde die Hälfte des ursprünglichen Bauwerks – das Kesselhaus – abgerissen und die Turbinenhalle isoliert stehen gelassen. Im späten zwanzigsten Jahrhundert wurde das verbliebene Gebäude zum Ziel für lokale Graffiti Künstler und erhielt den Spitznamen «The Batcave». Später, im Jahr 2010, wurde der Gowanus-Kanal von der US-Umweltschutzbehörde als Superfund-Standort eingestuft und sollte als solchen entsprechend saniert werden. Vor Baubeginn wurde die Kontamination des Geländes durch das New York State Brownfield Cleanup Program fachgerecht behoben. Im April 2016 – nach einem ersten Auswahlverfahren, das einen Konzeptentwurf für den Standort umfasste – wurde Herzog & de Meuron als Designberater für das Projekt ernannt.

Entwurfsidee
Eine Mischung aus Lagerhallen, Lagerhäusern und verschieden genutzten Geschäftsgebäuden – die Nachbarschaft erfährt eine rasche Gentrifizierung. Das Gebäude liegt nah am Gowanus-Kanal und wird im Norden von der First Street, im Süden durch die Second Street und im Osten durch ein grosses Lagergebäude entlang der Third Avenue begrenzt.. Die Grösse der Turbinenhalle und die Lage auf einem hohen Gelände verleihen dem Gebäude eine visuelle Prominenz in der Nachbarschaft. Die Industrielandschaft und die Geschichte des Geländes spielen eine zentrale Rolle beim vorgeschlagenen Entwurf. Das historische Kesselhaus wird neu interpretiert, indem dessen Volumen und die Beziehung zur bestehenden Turbinenhalle wiederhergestellt wird. Die Halle selbst wird stabilisiert, strategisch repariert und in die neue Produktionsstätte integriert.

Projektierung
Das wiederhergestellte Kesselhaus ruht auf den historischen Fundamenten. Die Betonfassade nimmt die Ästhetik des bestehenden Mauerwerks der Turbinenhalle auf und bietet einen langlebigen, unkomplizierten Gebäudeabschluss. Die sichtbare Struktur im Inneren, bestehend aus Betonsäulen und -platten, bietet flexible Räume für die Werkstattnutzung. Die historischen, gestanzten Durchbrüche der Turbinenhalle werden in die Hülle des Kesselhauses integriert. Bei beiden Gebäuden werden die Öffnungen mit neuen Fenstern gefüllt.
Untypisch für ein Industrieprojekt, die jeweiligen Fertigungshallen sind vertikal gestapelt, wobei die Disziplinen, die die grösste lichte Höhe und den besten Zugang zu den Ladeflächen benötigen – Metall- und Holzwerkstätten – im Erdgeschoss angesiedelt sind, während die Arbeiten mit den strengsten Abgasanforderungen – Druck, Textil und Keramik – in den oberen Etagen des Kesselhauses untergebracht sind. Entsprechend der Industriehygiene (die in Zusammenarbeit mit mehreren Fachleuten verfeinert wurden) wird ein grosser Teil der Luft aus dem Gebäude abgesaugt, um zu gewährleisten, dass Verunreinigungen aus den Produktionsprozessen die Arbeitsumgebung im Inneren nicht beeinträchtigen. Zu diesem Zweck teilen sich die Werkstätte eine gemeinsame, grosse vertikale Servicewand, die auch die Treppen und Aufzüge sowie die Sanitäranlagen beinhalten. Die Konsolidierung dieser vertikalen Elemente zwischen dem bestehenden und dem neuen Gebäude sorgt für zusätzliche seitliche strukturelle Stabilität. Gleichzeitig sorgt es für die erforderliche Flexibilität für die Werkstattprogrammierung innerhalb der verbleibenden Bodenplatte des Kesselhauses. Das Dach ist geprägt von mechanischen, elektrischen und sanitären Systemen und erinnert in der Formensprache an die historischen Schornsteine des ursprünglichen Kesselhauses. Es verdeutlicht auch die Widerstandsfähigkeit der Anlage, da angesichts des steigenden Meeresspiegels und der Gefahr von Überschwemmungen keine Geräte am Boden des Gebäudes installiert wurden.

Realisierung
Im Westen des Projekts, entlang des Gowanus-Kanals, bietet ein Vorplatz flexible Arbeits- und Lagerflächen im Freien sowie eine Ladefläche für Materiallieferungen. Im Osten des Projekts, näher an der Geländezufahrt, dient eine neue Öffnung in der gemauerten Umhüllung der Turbinenhalle als erster öffentlicher Eingang. Beim Betreten des Gebäudes wird der Besucher mit der Gegenüberstellung historischer Details – Betongewölbe, Ziegelverkleidungen und glasierte Kacheln – sowie Graffiti-Resten und neuen architektonischen Elementen konfrontiert. Eine grosse Betonwand bildet einen vertikalen Raum jenseits der Eingangshalle, und eine Metalltreppe lenkt die Aufmerksamkeit nach oben in die grosse Halle, den wichtigsten öffentlichen Bereich des Gebäudes. Das gesamte Obergeschoss der Turbinenhalle bewahrt die ursprüngliche räumliche Komposition der historischen Struktur, indem es die sanierten Stahlträger über dem Gebäude freilegt und einen multifunktionalen Ort für Ausstellungen und Veranstaltungen bietet. Ein angrenzendes, doppelt so hohes Volumen im Kesselhaus dient als Schnittpunkt der öffentlichen und der Werkstattfunktionen im Gebäude und bietet zusätzlichen Platz für weitere Ausstellungen, Veranstaltungen, Inszenierungen und Versammlungen.

Der Text wurde von Herzog & de Meuron zur Verfügung gestellt und von Sabrina Hobi vom Englischen ins Deutsche übersetzt.

Projektbeteiligte Unternehmen

Planung

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