Schulanlage Reitmen, Schlieren

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8952 Schlieren,
Schweiz

Veröffentlicht am 26. Juli 2018
Graber Pulver Architekt:innen AG
Teilnahme am Swiss Arc Award 2018

Projektdaten

Basisdaten

Lage des Objektes
Badenerstrasse 82, 8952 Schlieren, Schweiz
Projektkategorie
Fertigstellung
07.2017

Gebäudedaten nach SIA 416

Grundstücksfläche
13'500 m²
Geschossfläche
15'383 m²
Nutzfläche
8750 m²
Gebäudevolumen
70'022 m³
Gebäudekosten (BKP 2)
39,4 Mio. CHF

Beschreibung

Ausgehend vom Genius Loci prägen «edelrohe» Bauten in differenziertem Kleid und ein Sheddach von ikonografischer Kraft den neuen Schulstandort. Der Hauptteil des Raumprogrammes wird in einem 3-geschossigen Gebäude organisiert. Ein Sportgebäude mit Aula und Dreifachsporthalle schliesst das Schulareal nach Norden hin ab.

Genius Loci – der Geist des Ortes
Seit Beginn des 20. Jahrhunderts unterliegt Schlieren einer starken räumlichen Dynamik. Geradezu exemplarisch lassen sich dabei bauliche Veränderungs- und Verdrängungsprozesse beobachten, wie beispielsweise die Entwicklung ab den 1960er-Jahren vom ehemaligen Bauerndorf zum Industriestandort mit schweizweit bedeutenden Unternehmen. Später, mit der Auslagerung der Produktion und dem Wegzug der Industrie, siedelten sich Technologie- und Dienstleistungsunternehmen an. Inzwischen stellt Schlieren mit 17'000 Einwohnern einen Teil der Metropolitanregion Zürich dar. Damit einher geht ein neuer Bauboom, der zu einer Transformation der ehemaligen Industrieareale in Wohnbauquartiere führt und in deren Zug das bauliche Erbe unwiderruflich verschwindet.

Städtebauliche Disposition – einprägsame Lernfabrik
Wir verstehen eine Schulanlage als organischen Komplex, sowohl im Sinne einer Lernlandschaft als auch im Sinne eines sozialen Systems. In diesem Kontext werden erste sozial wie räumlich geprägte Erfahrungen ausserhalb des elterlichen Heims gemacht.
Wir nehmen den Geist des Ortes auf und führen das industrielle Erbe mittels einer charakteristischen Architektur und hoher Funktionalität fort. Ein edelroher Bau in differenziertem Kleid aus walzblankem Aluminium-Trapezblech und einem Sheddach von ikonografischer Kraft soll für Gross und Klein zum prägenden Merkmal des neuen Schulstandortes werden. Die Ausformulierung des Sport- und Aulatraktes mit einer präzise gefügten Sichtbeton-Fassade unterstreicht die Funktion des zweiten Baus, welcher die Anlage nach Norden abschliesst und als akustischer Puffer zu den Geleisen der SBB funktioniert.
Der Hauptteil des Schul-Raumprogrammes wird in einem dreigeschossigen Gebäude organisiert. Erdgeschossig liegen, je mit separatem Zugang, die Kindergärten und die Bereiche für Horte, Betreuung und Mittagstisch. Sie gruppieren sich um ein in der Länge durchgeschobenes Foyer. Darüber sind die Klassen der Primarschule und im zweiten Geschoss die Klassen der Sekundarstufe angeordnet. Ohne sich in die Quere zu kommen erreichen die Schüler und Schülerinnen beider Stufen das Erdgeschoss über separate Treppenläufe. Breite Korridore prägen den Entwurf, Erschliessungsräume, welche als Aufenthalts-, Spiel- und Arbeitsbereiche genutzt werden können. Gewisse ‚Schaltbarkeiten’ von Räumen erlauben zudem die Bildung unterschiedlicher Raumgruppen.
Ein Sheddach überspannt die gesamte Gebäudebreite und versieht das oberste Geschoss mit nordseitigem Zenitallicht. Vier Patios bringen Licht ins Innere des tiefen Baus.
Zwei Passerellen verbinden den Shedbau mit dem fünfgeschossigen Gebäude im Süden. Dieser Trakt nimmt die Sondernutzungen auf: Teamzimmer der Lehrer mit Sekretariat, Räume für Sozialarbeit und Psychomotorik, Schulküchen, Informatikräume und Werkstätten.
Das Sportgebäude mit Dreifachhalle, Aula und Übungsräumen schliesst das Schulareal nach Norden ab. Auf dem Dach befindet sich das Spielfeld des Allwetterplatzes. Eine sorgfältig ausformulierte, korbartige Umzäunung bildet auch da eine spezifische und einprägsame Architektur. Der Entscheid für eine Stapelung der Nutzungen schaffte innerhalb der engen Platzverhältnisse des Areals viel entwerferischen Spielraum in der Gestaltung der Aussenbereiche.
Zunehmend erweitert sich eine Schule heute zu einer wichtigen, öffentlichen Quartierinfrastruktur mit verlängerten Öffnungszeiten und zusätzlichen Angeboten: Mittagstisch, Randzeitenbetreuung, Abendveranstaltungen, Elterngespräche, Kurse oder fremdvermietbare Teilbereiche wie z.B. Aula/Theatersaal, Musikschule, Lernzentrum, etc. Mit eigenen Eingängen versehen, können die verschiedenen Bereiche separat bespielt werden.

Der Aussenraum als zusammenhängender Freiraum
Mit der gewählten Setzung von Sporthalle und Schulgebäude entstehen spannungsvolle Aussenraumabfolgen, welche unterschiedlichen Bedürfnissen und Nutzungen entsprechend gestaltet werden. Eine breite Treppe längs der Parkallee vermittelt zwischen den Gebäuden und wird zum wichtigen Element für Aufenthalt, Spiel und Begegnung. Gegen Süden bzw. westlich des Schulgebäudes öffnet sich ein grosszügiger Pausenhof, der in seinen Dimensionen die einstigen Leerflächen zwischen den Industriebauten wieder aufnimmt. In die Kiesfläche eingestreute Baumgruppen erinnern an eine öffentliche Parkanlage. Weiträumigkeit und Nischen wie auch einzelne Kletter- und Spielgeräte, Wasser und diverse Sitzmöglichkeiten laden zum Verweilen ein. Ein grosszügiger Unterstand für Fahrräder schliesst das Areal strassenseitig ab.

Materialisierung, Konstruktion, Energie und Nachhaltigkeit
Ein robustes, dauerhaftes Tragwerk und eine direkte Materialisierung prägen die Innenräume. Dieser gepflegte Edelrohbau, kombiniert mit einem robusten, beinahe industriellen Ausbau, schafft eine lichte und luftige, werkstattartige und inspirierende Atmosphäre. Die nach Süden ausgerichteten Dachflächen des Sheddachs sind mit einer PV-Anlage ausgerüstet und liefern Strom für 130 kWh. Die Auslegung der haustechnischen Anlagen und die getroffenen Massnahmen zur Erreichung des Minergie-Standards richten sich nach den Zielen der ‚Energiestadt Schlieren'.

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