Wohnhaus Mettenweg

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6370 Stans,
Schweiz

Veröffentlicht am 18. April 2023
Bob Gysin Partner AG
Teilnahme am Swiss Arc Award 2023

Aussenbild Aussenbild - Integration in den Kontext Kernzone im Erdgeschoss Gemeinschaftsküche mit Blick auf den «Filter» vor den Zimmern Rundläufe mit Aussenbezug statt Korridore Geschützer Aussenraum mit Weitblick Bewohner/inne-Zimmer Treppenhaus

Projektdaten

Basisdaten

Lage des Objektes
Weidlistrasse 2b, 6370 Stans, Schweiz
Projektkategorie
Gebäudeart
Fertigstellung
03.2023
Links

Gebäudedaten nach SIA 416

Stockwerke
6 bis 10
Anzahl Kellergeschosse
1
Grundstücksfläche
3500 m²
Geschossfläche
4900 m²
Nutzfläche
4670 m²
Gebäudevolumen
17'100 m³
Gebäudekosten (BKP 2)
15,0 Mio. CHF
Anzahl Arbeitsplätze
20
Parkplätze
17

Beschreibung

Das Gebäude mit facettiertem Volumen integriert sich in die Umgebung und entwickelt gleichzeitig eine eigene Präsenz. Der Holzbau knüpft dabei an lokale Bautraditionen und wertige Handwerkskunst an, während die Anordnung der Volumina attraktive Rundläufe mit räumlichen Schwerpunkten schafft.

Ausgangslage

Da das historische Wohnhaus Mettenweg aufgrund veralteter Infrastruktur keine Pflegebewilligung mehr erhält, sollte ein Neubau das bisherige Angebot ersetzen und in Verbindung mit den umliegenden Bauten und Baumbestand ein Ensemble mit hoher Aufenthaltsqualität für Menschen mit besonderen Bedürfnissen bilden. In den acht Pflegewohngruppen mit insgesamt 48 Zimmern sollten die Bewohnerinnen und Bewohner Unterstützung und Pflege finden, aber besonders auch ein Stück Heimat, Geborgenheit und Wohnlichkeit.

Entwurfsidee

Der Ort wird durch Zeitzeugen unterschiedlicher Epochen und deren Weiler-artige Anordnung sowie durch die weiten Felder und das Bergpanorama geprägt. Der Entwurf reagiert auf die Umgebung, indem 4 rechteckige Volumina um einen zentralen Kern angeordnet werden, um ein facettiertes Volumen zu schaffen. Durch die Drehung der Volumina definiert das Gebäude den Hauptplatz, der sich in Richtung der grossen Linden und auf der gegenüberliegenden Seite in Richtung des Landschaftsraums öffnet. Die Versätze der Volumina schaffen in Verbindung mit den benachbarten Gebäuden subtile Nischen.

Aufgrund der langen Verweildauer und des eingeschränkten Bewegungsradius der Bewohnerschaft wird nebst vielfältigen Aussenräumen auch Wert auf Diversität im Gebäudeinnern gelegt: Ausblicke und Durchblicke, ruhige und belebte Bereiche, Nischen und Treffpunkte bieten unterschiedliche Raumerlebnisse und laden zum Flanieren ein. Durch die Anordnung der Zimmer-Volumina um den Betonkern entstehen anstelle von Korridorflächen attraktive Rundläufe und kollektive Räume mit gut nutzbaren räumlichen Schwerpunkten. Der «Filter-Bereich» mit Verweilmöglichkeiten und geteilten Bädern schafft einen sanften Übergang zwischen den öffentlichen Gemeinschaftsbereichen und dem privaten Zuhause. Der sichtbare Holzbau auf mineralischen Sockel knüpft an die ortsgeschichtliche Bautradition und an und schafft zusammen mit dem Innenausausbau eine warme und vertraute Atmosphäre.

Projektierung

Die Fassade und Konstruktion basieren auf der Logik des traditionellen Holzbaus mit konstruktivem Holzschutz. Das Erdgeschoss aus Ortbeton und vorfabrizierten Betonelementen bildet den Sockel für den darüberliegenden Holzbau. Getragen von Stützen und Unterzügen aus Nadelholz übernimmt die Bresta-Holz-Beton-Verbunddecke eine statische und akustische Funktion. Durch den Einsatz einer Sprinkleranlage kann die Tragstruktur im Innenraum sichtbar bleiben, während sich das Leitthema Holz bis in die Brettschalung der innen liegenden Betonelemente zieht. Ergänzt durch grüne und blaue Akzente bestimmen die verwendeten Materialien die Farbgebung des Gebäudes, gleichzeitig zeigt sich das Handwerk in den sorgfältigen Fügungen und Details.
Massive Lisenen strukturieren die Fassade und schaffen eine Verbindung zwischen den Geschossen. Das auskragende Opferbrett auf dem Geschossriegel entspringt der Idee der Austauschbarkeit von Bauteilen. Aufgrund der direkten Bewitterung wird es in 15-20 Jahren ersetzt werden. Der darunterliegenden Geschossriegel, welcher die Fassadenverkleidung schützt, bleibt langfristig erhalten. Ein chemischer Holzschutz wird nur bei stark beanspruchten Bauteilen nach dem Grundsatz "so wenig wie möglich, so viel wie nötig" eingesetzt. Passive Massnahmen und einer Lüftung mit Wärmerückgewinnung reduziert den Energiebedarf, während eine Grundwasser-Wärmepumpe und Photovoltaik-Anlage den verbleibenden Heizwärme- und Strombedarf decken.

Realisierung

Aufgrund der sichtbaren Holzbaukonstruktion war eine frühzeitige Detailplanung mit hoher Detailreife und Klarheit in den Bereichen der Konstruktion, Arbeitsabläufe, Brandschutz, Leitungs- und Sprinklerführung notwendig. Dadurch gewann das Projekt aber auch an Stringenz, Raumhöhe und Atmosphäre.

Besonderheiten

Das Gebäude, das für die Gemeinde Stans gebaut wurde, verkörpert den Spruch «Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile». Es war von entscheidender Bedeutung, ein Wohnhaus zu schaffen, das sich nicht wie eine Pflegeinstitution anfühlt, sondern ein echtes Zuhause für die Bewohnerinnen und Bewohner bietet. Hierfür wurde auf städtebaulicher Ebene auf eine gute Anbindung an die Bestandsbauten und eine selbstbewusste Integration in die umliegende Landschaft geachtet. Gleichzeitig wurden stimmungsvolle Wohngruppen geschaffen, die langfristig flexibel gestaltbar sind, und Materialien eingesetzt, die durch ihre Verarbeitung die Handwerkstradition in den Fokus rücken. (Das Ergebnis ist ein Gebäude, das nicht nur funktional und ästhetisch ansprechend ist, sondern auch eine warme und einladende Atmosphäre bietet.)
Das Kunst am Bau Projekt «Gold» von Lea Achermann ist eine weitere Besonderheit und Bereicherung für das Gebäude. Ihr Projekt will nichts Neues hinzufügen, sondern das Bestehende im und am Gebäude hervorheben. Die Kreise und Ellipsen aus Blattgold, die sich je nach Betrachtungswinkel wieder zu einem Kreis formen, laden wie die Architektur zum Flanieren ein. Der Blick wird durch die Kreise und Projektionen von Letzteren auf die sorgfältige Architektur gelenkt, und auf der Meta-Ebene rückt das Erkennen des «Wertvollen» im Leben an allen möglichen und unmöglichen Orten ins Zentrum des Projektes.
Insgesamt wurden in dem Gebäude (Tragkonstruktion, Wände, Decken, Fassade) rund 785 m³ Holz verbaut. Diese Menge wächst im Schweizer Wald innerhalb von rund 38 Minuten wieder nach. Aus weiteren acht Baumstämmen (27 m³) wurde 10'500 m² Furnier für den Innenausbau gewonnen.

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