Architektur Klima Atlas – Klimabewusst entwerfen in Forschung, Lehre und Praxis

Veröffentlicht am 23. Juli 2024 von
Nina Farhumand

Der Atlas bietet einen umfassenden Leitfaden für klimagerechtes Bauen und präsentiert eine überzeugende Argumentation für ressourcenschonende Lowtech-Architektur. Durch einen frischen Blick auf die Architekturgeschichte, die Erklärung des ökologischen Fussabdrucks und die Vorstellung aktueller Beispiele inspiriert das Buch seine Leser*innen auf vielfältige Weise. Dieses Lehr- und Nachschlagewerk, herausgegeben von Jürg Graser, Astrid Staufer und Christian Meier bietet theoretische und praxisnahe Anleitungen zur Verlangsamung des Klimawandels und inspirierende Lösungsansätze.

Wohnhochhaus, Tour la Champagne, Biel-Bienne | Foto: Alessandro Petriello © Graser Troxler Architekten

Wohnhochhaus, Tour la Champagne, Biel-Bienne | Foto: Alessandro Petriello © Graser Troxler Architekten

Wohnhochhaus, Tour la Champagne, Biel-Bienne | Foto: Alessandro Petriello © Graser Troxler Architekten
Wohnhochhaus, Tour la Champagne, Biel-Bienne | Foto © Graser Troxler Architekten
Wohnhochhaus, Tour la Champagne, Biel-Bienne | Foto: Alessandro Petriello © Graser Troxler Architekten

Drei Schlüsselbereiche – Theorie, Forschung und Praxis

Im Eröffnungsteil werden anhand von 20 historischen Persönlichkeiten und ihren Bauten grundlegende architektonische Klimakonzepte von der Antike bis zur Gegenwart vorgestellt – von Vitruv bis Philipp Rahm.

Dieser Abschnitt des Buches ist besonders faszinierend. Diese Herangehensweise eröffnet eine neue, manchmal überraschende Perspektive auf die Architekturgeschichte. Die 1929 erbaute Villa E.1027 von Eileen Gray ist nicht nur architektonisch ein herausragendes Beispiel für hohen Wohnkomfort, sondern auch ein frühes Beispiel für ressourcenschonendes Bauen. Ihre Methoden und Ansätze in Bezug auf Materialwahl, Energieeffizienz, Topografie – die Villa wurde in den natürlichen Hang integriert, was den Bauaufwand minimierte und die Landschaft schonte – sowie die Ausrichtung des Gebäudes zur Optimierung der natürlichen Belichtung und Belüftung reduzierten den Energieverbrauch. Flexible Raumgestaltung und nachhaltiges Wohnen setzten Massstäbe, die auch heute noch relevant sind. Eileen Grays visionärer Ansatz bietet wertvolle Lehren für die moderne nachhaltige Architektur. Der Architektur Klima Atlas würdigt auch visionäre Konzepte von Architekten wie dem Solarpionier Pierre Robert Sabady oder Thomas Herzog, der um das Jahr 2000 anders als die meisten seiner Kollegen auf Lowtech setzte.

Rudolph M. Schindler, Lovell Beach House in Newport Beach, Kalifornien, erbaut 1926, Ansicht von Südwesten | Foto © Historic American Buildings Survey
Rudolph M. Schindler, Lovell Beach House, Fenstergaden zur Belüftung und Belichtung im Wohnraum | Foto © Historic American Buildings Survey

Der zweite Teil erläutert Resultate aus dem Forschungsprojekt «Messen und Modellieren» der ZHAW. Anhand von fünf «Biografien» wird verdeutlicht, wie sich der ökologische Fussabdruck von Gebäuden modellieren lässt und über ihren Lebenszyklus verändert. Fünf beispielhafte Wohnbauten werden detailliert beschrieben, wobei Texte, Pläne und Tabellen die Konstruktionen und späteren Anpassungen erläutern. Architekten sollen dadurch befähigt werden, umweltfreundlicher zu bauen, ohne sich auf Spezialisten verlassen zu müssen.

Florastrasse, 1933–2005, Ölheizung | Plan: Christian Meier, Jürg Graser, studentische Mitarbeitende © ZHAW

Florastrasse, 1933–2005, Ölheizung | Plan: Christian Meier, Jürg Graser, studentische Mitarbeitende © ZHAW

Florastrasse, 1933–2005, Ölheizung | Plan: Christian Meier, Jürg Graser, studentische Mitarbeitende © ZHAW

Im dritten Teil wird der «Architektur Klima Atlas» durch sechs Essays ergänzt, die verschiedene Aspekte zeitgenössischer Projekte beleuchten. Diese Essays verdeutlichen, wie die folgenden sechs Adjektive nachhaltiges Bauen charakterisieren: klimabezogen, hierarchisch, wandlungsfähig, materialbewusst, vernetzt und erfinderisch. Die aktuellen Beispiele zeigen praxisnah, wie diese Prinzipien umgesetzt werden können. Im Essay von Christian Meier mit dem Titel klimabezogen zeigt er auf, wie alte Konzepte in die Gegenwart übertragen werden können.

Gion A. Caminadas Haus «Burggarta» in Valendas nutzt das Prinzip eines warmen Kerns mit temperierten Wohnräumen und ungeheizten Pufferzonen, ähnlich wie bei alten Bauernhäusern.

Die Lüftung der Schulräume des Landwirtschaftlichen Zentrums St.Gallen in Salez basiert auf traditionellen Stallprinzipien, während Balkone und Schiebeläden den Lowtech-Bau im Sommer kühl halten.

Das Bürogebäude «2226» von Baumschlager Eberle in Vorarlberg kommt dank dicker Mauern und kleiner Fenster ohne Heizung und Klimaanlage aus.

Haus Matten, Freilichtmuseum Ballenberg, hinterlüftete geschindelte Holzfassade im Hinter- und massiver historischer Strickbau im Vordergrund | Foto: Alexander Jaquemet © Patrick Thurston Architekt

Haus Matten, Freilichtmuseum Ballenberg, hinterlüftete geschindelte Holzfassade im Hinter- und massiver historischer Strickbau im Vordergrund | Foto: Alexander Jaquemet © Patrick Thurston Architekt

Haus Matten, Freilichtmuseum Ballenberg, hinterlüftete geschindelte Holzfassade im Hinter- und massiver historischer Strickbau im Vordergrund | Foto: Alexander Jaquemet © Patrick Thurston Architekt

Architektur Klima Atlas

Park Books

Erste Ausgabe, 2024

Sprache: Deutsch

456 Seiten, 269 farbige und 179 s/w-Abbildungen

15.5 x 23.5 cm

CHF 49.–

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