Filling Stations. Studies on Types

Veröffentlicht am 12. März 2025 von
Nina Farhumand

Wie könnte die Zukunft von Tankstellen aussehen? Sind sie nur Relikte einer fossilen Vergangenheit oder könnten sie zu lebendigen Elementen der Stadtplanung werden? Das von EAST – Laboratory of Elementary Architecture and Studies of Types, EPFL Lausanne herausgegebene Buch widmet sich genau diesen Fragen. Es beleuchtet die architektonische Entwicklung von Tankstellen und ihre kulturelle Bedeutung im städtischen Kontext.

Im ersten Teil des Buches «Theories» schaffen die Autor*innen eine theoretische Grundlage.
| Fotos © Triest Verlag

Vom Zapfhahn zum Stadtbaustein

Die Zeiten, in denen Tankstellen lediglich Orte waren, an denen man Treibstoff zapfte, sind längst vorbei. Heute stehen viele dieser oft unscheinbaren Gebäude in Innenstädten leer und warten auf eine neue Bestimmung. Das Buch widmet sich genau diesem Thema: der Umnutzung und dem architektonischen Potenzial von Tankstellen als aktive Stadtbausteine.

Im zweiten Teil «Artefacts» des Buches wird die Theorie durch eine grafische Analyse ergänzt.
| Fotos © Triest Verlag

Theories – Tankstellen im Wandel

Im ersten Teil der Publikation beleuchten die Autor*innen die historische Entwicklung der Tankstellenarchitektur und deren Einflussfaktoren – von der Verkehrsinfrastruktur über das Konsumverhalten bis hin zum ökologischen Bewusstsein. Im Kapitel «Protocol of a Building Type. On The Development of Filling Stations» entwickelt Anja Fröhlich eine systematische Methodik zur Analyse und Kategorisierung von Tankstellenarchitekturen. Sie stellt verschiedene architektonische Typologien vor, darunter The «Petrol Pump», «The Storage Tank», «The Pavilion Filling Station» und «From Umbrella Roof Type to Hall Roof Type». Das Kapitel beleuchtet, wie sich die Gestaltung von Tankstellen im Laufe der Jahrzehnte gewandelt hat – von funktionalen Konstruktionen mit einfachen Überdachungen bis hin zu komplexen Hallenbauten, die den modernen Anforderungen an Mobilität und Nutzung gerecht werden. Besonders hervorzuheben ist der analytische Ansatz, der nicht nur bauliche Merkmale, sondern auch funktionale und ästhetische Aspekte berücksichtigt.

Im zweiten Teil «Artefacts» des Buches wird die Theorie durch eine grafische Analyse ergänzt.
| Fotos © Triest Verlag

Carola Hein geht in ihrem Beitrag «Oil Spaces: The Global Petroleumscape. The Example of The Netherlands» darauf ein, wie Tankstellen seit ihrer Entstehung als Teil grösserer städtischer Infrastrukturen agieren. Sie beschreibt, wie diese Bauten nicht nur funktionale Versorgungsstationen, sondern auch prägende Elemente des öffentlichen Raums sind. Am Beispiel Rotterdams verdeutlicht Hein, wie eng Mobilität und Architektur miteinander verzahnt sind und wie Tankstellen im urbanen Gefüge als Schnittstellen zwischen Verkehr, Handel und sozialem Austausch fungieren können. Sie zeigt auf, dass Tankstellen über ihre ursprüngliche Funktion hinaus das Stadtbild seit Jahrzehnten aktiv mitgestalten. Besonders interessant ist ihre Analyse, wie sich das Bild der Tankstelle im Laufe der Zeit wandelte: Während sie in der frühen Automobilgeschichte vor allem pragmatische Versorgungsorte darstellten, entwickelten sie sich später zu multifunktionalen Orten, die den urbanen Raum aktiv mitgestalten können.

Franz Arlart untersucht im Kapitel «The Future of Filling Stations in The Post-Fossil Age», wie alternative Kraftstoffe, E-Mobilität und neue Mobilitätskonzepte die Funktion und das Erscheinungsbild von Tankstellen verändern könnten. Er zeigt, dass hier statt Zapfsäulen bald Ladestationen, urbanes Grün oder soziale Treffpunkte entstehen könnten. Die Autor*innen präsentieren zudem innovative Ansätze, um bestehende Gebäude für neue Nutzungen umzuwandeln – vom Co-Working-Space bis zur Nachbarschaftsküche.

Im zweiten Teil präsentiert das Buch ausgewählte Tankstellen aus der Region rund um den Genfer See.
| Fotos © Triest Verlag

Artefacts – Tankstellen im Kontext der Stadtentwicklung

Im zweiten Teil des Buches präsentieren Studierende des Designstudios EAST praxisnahe Analysen exemplarischer Tankstellen rund um den Genfer See. Sie bieten detaillierte Einblicke in die räumlichen und funktionalen Zusammenhänge der Objekte und entwickeln kreative Perspektiven für deren zukünftige Nutzung. Vom Café bis zur kleinen Kulturstätte – die Potenziale sind vielfältig.

Das Autorenteam bereitet komplexe architektonische und städtebauliche Themen verständlich auf. Besonders die bildreichen Fallstudien untermauern das theoretische Fundament des ersten Teils anschaulich. Die Beiträge zeigen eine detaillierte gestalterische und analytische Auseinandersetzung mit dem Thema.

«Filling Stations. Studies on Types» ist nicht nur für Architekt*innen und Stadtplaner*innen interessant. Es ist ein Buch für alle, die sich für die Transformation urbaner Räume und nachhaltige Stadtentwicklung begeistern. Es regt zum Nachdenken an und zeigt eindrucksvoll, wie vermeintlich unbedeutende Infrastrukturen zu inspirierenden Orten werden können.

Filling Stations. Studies on Types

Triest Verlag

Erste Ausgabe, 2024

Sprache: English

144 Seiten, 175 Abbildungen

17,1 x 24 cm

CHF 29.–

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