Farbkultur und Handwerk in Schweizer Regionen

Veröffentlicht am 12. September 2024

Das Buch präsentiert die Ergebnisse eines dreijährigen Forschungsprojekts des Hauses der Farbe. Es bietet einen Einblick in die regionalen Besonderheiten von Handwerk und Farbgestaltung in der Schweizer Baukultur. Die Autor*innen haben akribisch Handwerks- und Farbgeschichten zusammengetragen, die in den Regionen verwurzelt sind. Der Fokus liegt auf der Inspiration für zeitgenössisches Bauen, indem traditionelle Techniken und Farbkonzepte neu interpretiert werden.

Farbklänge von links: Pfarrkirche San Lorenzo, 1760 | Palazzo Piazza, 1868 | Foto © Triest

Farbklänge von links: Pfarrkirche San Lorenzo, 1760 | Palazzo Piazza, 1868 | Foto © Triest

Farbklänge von links: Pfarrkirche San Lorenzo, 1760 | Palazzo Piazza, 1868 | Foto © Triest

Bedeutung der Farbe in der Architektur

Als unser Redaktionsteam «Farbkultur und Handwerk in Schweizer Regionen» in die Hände bekam, waren wir zunächst von der visuellen Qualität des Buches beeindruckt. Doch schon nach wenigen Seiten wurde uns klar, dass wir es hier mit weit mehr als nur einem schönen Bildband zu tun haben.

Besonders wertvoll sind die Untersuchungen von Werkzeugspuren und Farbanstrichen, die Aufschluss über historische Handwerkstechniken und Gestaltungstrends geben. Das Buch ist in fünf thematische Kapitel – Chronik, Kontrast, Kalk, Holz und Stein – gegliedert, die einen strukturierten Zugang zu verschiedenen Aspekten der Farbgestaltung bieten. Diese Aufteilung ermöglicht es den Leser*innen, die Thematik aus mehreren Perspektiven zu betrachten und ein umfassendes Verständnis zu entwickeln.

Farbe und Putze im Laufe der Zeit | Foto © Triest

Farbe und Putze im Laufe der Zeit | Foto © Triest

Farbe und Putze im Laufe der Zeit | Foto © Triest

Zeitreise der Farbe

Ein besonderer Pluspunkt sind die zahlreichen Fallbeispiele aus der Schweiz. So werden Putzspuren des 20. Jahrhunderts im Kanton Zürich von 1900 bis 1980 anschaulich dargestellt. Die Analyse dieser Spuren offenbart faszinierende Zusammenhänge zwischen den Putzoberflächen und der zeitgenössischen Gestaltung in Malerei, Kunsthandwerk und industrieller Produktion. Dabei werden Farbpaletten verschiedener baulicher Epochen im Kontext der Stadtentwicklung beleuchtet. Diese epochentypischen Farbskalen bieten wertvolle Anhaltspunkte für Sanierung und Neugestaltung von Quartieren. Obwohl die Beispiele regional verankert sind, lassen sich die vorgestellten Konzepte und Techniken problemlos auf andere Regionen und Länder übertragen, was die internationale Relevanz des Buches betont.

Die präsentierten Arbeitswerkzeuge wie Farbkarten und Materialmuster bieten praktische Ansätze zur Analyse und Gestaltung von Farbkonzepten. Sie demonstrieren eindrucksvoll, wie abstrakte Farbschemata den Dialog über Farbe im Stadtbild unterstützen können.

Farbpaletten zu baulichen Epochen
| Fotos © Triest

Das erzählende Handwerk

Was uns besonders faszinierte, war die Art und Weise, wie es den Autor*innen gelingt, die oft übersehene Welt der Farbgestaltung und des architektonischen Handwerks zum Leben zu erwecken. Plötzlich sehen wir Gebäudefassaden mit ganz anderen Augen – als Geschichtenerzähler, die von vergangenen Zeiten und handwerklichem Können berichten.

Ein möglicher Kritikpunkt ist die Detailfülle. Zugegeben, an manchen Stellen mussten wir zweimal lesen, um die Menge an Informationen zu erfassen. Aber gerade diese inhaltliche Tiefe zeichnet das Werk aus. Es ist kein oberflächlicher Überblick, sondern bietet eine gründliche und fundierte Auseinandersetzung mit dem Thema.

Farbgestaltung nach 1990
| Fotos © Triest

Insgesamt ist es ein reichhaltiges, visuell ansprechendes Werk, das die Bedeutung von Farbe und Handwerk in der Architektur eindrucksvoll vermittelt. Es ist gleichermassen inspirierend für Architekturschaffende, Handwerker*innen und alle, die sich für die farbige Gestaltung unserer gebauten Umwelt interessieren. Das Buch leistet einen wertvollen Beitrag zur Bewahrung und Weiterentwicklung lokaler Farbkulturen und verdient einen Platz in jeder Fachbibliothek.

Quadermalerei, fresko
| Fotos: © Triest

Autorenteam

Das Haus der Farbe vereint eine Schule und ein Institut für Gestaltung im Handwerk und der Architektur. Es setzt auf die Verbindung von Experiment und traditionellem Wissen mit besonderem Schwerpunkt auf der Wissensvermittlung. In den drei Bildungsgängen – Farbgestaltung in der Architektur, Gestaltung im Handwerk und dem Vorkurs Dekorationsmaler – wird das gegenseitige Verständnis gefördert. Das Institut forscht, dokumentiert und berät zu Themen wie Farb- und Handwerkskultur, aktuelle und historische Farbgestaltung sowie Architekturoberflächen. Das interdisziplinäre Autorenteam besteht aus der Farbgestalterin Marcella Wenger-Di Gabriele, der Kunsthistorikerin Stefanie Wettstein sowie den Material- und Handwerksspezialisten David Keist und Matteo Laffranchi vom Haus der Farbe.

Farbkultur und Handwerk in Schweizer Regionen

Triest

Erste Ausgabe, 2024

Sprachen: Deutsch, français

190 Seiten, 170 Abbildungen

21,2 x 31,8 cm

CHF 49.–

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