Hammer 1 – der Klassiker des Basler Wohnbaus im Porträt

Veröffentlicht am 22. Mai 2025 von
Nina Farhumand

Wie bleibt ein Bauwerk nach über 40 Jahren relevant? Hammer 1 von Diener & Diener Architekten, eine Pionierleistung des sozialen Wohnungsbaus, wird in dieser Monografie beleuchtet. Die Wohnanlage im Basler Matthäusquartier verkörpert eine behutsame Weiterentwicklung des Städtebaus des 19. Jahrhunderts. Das Buch ist eine wichtige Quelle für nachhaltigen Wohnungsbau.

Atelierhäuser an der Allee: Acht zweigeschossige, sieben Meter tiefe Einheiten mit Backsteinfassade. | Foto: Mikael Stenström
Hoffassade – Von der Dachterrasse reicht der Blick über die Stadt. | Foto: Raphael Kadid

Ein Manifest in Mauerwerk

Was als studentisch geprägtes Abenteuer im Basler Matthäusquartier begann, ist heute ein architektonisches Kultobjekt – und nun auch ein bibliophiles: Hammer 1 ist kein gewöhnliches Architekturbuch. Es ist eine akribisch gestaltete Liebeserklärung an einen Wohnbau, der weit mehr ist als eine Siedlung.

Das ikonische Ensemble von Roger Diener, Wolfgang Schett und Dieter Righetti, entstanden 1978 unter Bedingungen, wie sie heute kaum mehr vorstellbar sind, wird hier nicht nur dokumentiert, sondern gefeiert und neu kontextualisiert. Die Autoren – Conrad Kersting und Marius Slawik – haben kein Porträt auf Distanz geschrieben, sondern sich über Jahre hinweg in die Tiefen der Geschichte und Gestaltung von Hammer 1 eingegraben. Entstanden ist ein Buch, das ebenso durchdacht wie liebevoll aufgebaut ist: mit detailverliebter Gestaltung, fein recherchierten Plänen und Fotografien von Mikael Stenström und Raphael Kadid.

Diffuses Licht und Sichtschutz zugleich – Gitterglasfelder im Treppenhaus | Foto: Mikael Stenström
Vorgelagerte Balkonschicht vor den Dreizimmerwohnungen | Foto: Mikael Stenström

Aus der Zeit gefallen – und doch erstaunlich aktuell

Spätestens im langen Essayteil, der das Projekt in die Umbrüche der 1970er-Jahre einbettet – ETH-Reform, Studierendenbewegung, Ölkrise – wird klar: Dieses Buch ist auch ein Zeitdokument. Es erzählt vom Glauben an die Stadt, vom Wiedererstarken des Typologischen, von der Rückbesinnung auf urbane Dichte. Und es beschreibt, wie die jungen Architekten in einem experimentellen Setting – ein leergekauftes Industrieareal, kein Raumprogramm, kaum Kontrolle – mit fast anarchischer Freiheit ein Stück Stadt erfanden.

Hammer 1/2 | Situationsplan © Diener & Diener Architekten

Hammer 1/2 | Situationsplan © Diener & Diener Architekten

Hammer 1/2 | Situationsplan © Diener & Diener Architekten

Mehr als gebauter Raum

Die Stärke des Buchs liegt gerade in dieser Balance: Es feiert nicht nur den gebauten Raum, sondern die Idee dahinter – Hammer 1 als Synthese von Moderne und Tradition, von Strenge und Poesie, von Regel und Abweichung. Die Grundrisse überzeugen durch Klarheit und Komplexität – doch ebenso eindrücklich sind die Geschichten hinter ihrer Entstehung. Etwa die vom schwarz gestrichenen Kämmerchen, in dem die jungen Architekten ihre ersten Entwürfe entwickelten – ein Sinnbild für die eigenwillige Energie, mit der Hammer 1 entstand.

Ein Buch für alle, die Architektur nicht nur sehen, sondern verstehen wollen. Hammer 1 richtet sich an alle, die sich für das Zusammenspiel von Stadt, Gesellschaft und gebautem Raum interessieren. Es verbindet gestalterische Präzision mit einem tiefen Verständnis für Geschichte und das Potenzial architektonischer Freiheit – und wirft dabei eine zentrale Frage auf: Wie kann Wohnen heute wieder relevant werden?

Detailaufnahme – Konvexspiegel Stadtraum | Foto: Raphael Kadid
Detailaufnahme – kugelförmiger Türknauf | Foto: Raphael Kadid

Hammer 1 – Wohnhäuser Hammerstrasse

Park Books

Erste Ausgabe, 2024

Sprachen: Deutsch, Englisch

183 Seiten, 103 farbige und 75 s/w-Abbildungen

22 x 33 cm

CHF 39.–

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