Swiss Window Journeys. Architectural Field Notes

Veröffentlicht am 04. Juni 2025 von
Nina Farhumand

Was macht gute Architektur aus? Vielleicht beginnt sie mit einem Blick aus dem Fenster. «Swiss Window Journeys. Architectural Field Notes» widmet sich einem oft übersehenen, dabei zentralen Element der Architektur: dem Fenster. Das Buch zeigt es nicht als blosses Bauteil, sondern als Vermittler zwischen Innen und Aussen, zwischen Körper und Klima, zwischen Alltag, Technik und Kultur.

Karte der Ressourcen und Konstruktionsmethoden | Foto © gta Verlag

Karte der Ressourcen und Konstruktionsmethoden | Foto © gta Verlag

Karte der Ressourcen und Konstruktionsmethoden | Foto © gta Verlag

Wo das Fenster zur Erzählung wird

Herausgegeben vom Chair of Architectural Behaviorology an der ETH Zürich unter der Leitung von Momoyo Kaijima, präsentiert das Buch über 500 Fensterbeobachtungen aus der ganzen Schweiz. Grundlage ist eine mehrjährige Feldforschung, bei der Architekturstudierende und Forschende Fenster nicht nur vermessen, sondern beobachtet, gezeichnet und kontextualisiert haben. Entstanden ist eine einzigartige Sammlung, die das Fenster in all seinen Facetten zeigt – als Schwelle, als Raumöffner, als kulturelles Statement.

Verschiedene Bau- und Fensterformen
| Fotos © gta Verlag

500 Fenster – ein Land im Detail

Jedes Fenster wird in einer ganzseitigen, von Hand gezeichneten Illustration porträtiert. Diese Zeichnungen sind weit mehr als technische Darstellungen: Sie erzählen von Baustilen, von Materialwissen, von klimatischen Herausforderungen, von Wohnformen, Handwerkstraditionen und Lebensrealitäten. Die Schweiz zeigt sich in diesen Fenstern als Land der Übergänge – geografisch wie kulturell.

Kurze begleitende Texte ordnen die Fenster in ihren sozioökonomischen und baugeschichtlichen Kontext ein. Sie sprechen über Wärmeschutz, Belüftung, Fassadengestaltung oder Tageslichtlenkung – und machen deutlich, wie sehr sich in einem Fenster der Geist einer Epoche, die Ressourcenlage einer Region und das Verhältnis zur Umwelt ablesen lassen.

Ergänzt wird die Sammlung durch eine Reihe von Gesprächen mit renommierten Architek*innen über Fenster und Gestaltung – darunter Mario Botta, Gion A. Caminada, Annette Gigon, François Charbonnet (Made in), Peter Märkli, Elli Mosayebi, Ron Edelaar und viele andere. Sie sprechen über ihre persönlichen Zugänge zum Thema Fenster, über Herausforderungen im zeitgenössischen Bauen und über die Verantwortung, die mit jedem Entwurf einhergeht.

Architekt*innen im Gespräch über Fenster und Gestaltung
| Fotos © gta Verlag

Zwischen Innen und Aussen

Unsere Redaktion hat das Buch mit grossem Interesse gelesen. Besonders überzeugt hat uns die Verbindung aus Analyse und zeichnerischer Sensibilität. «Swiss Window Journeys» ist kein typisches Fachbuch, sondern zeigt auf eindrückliche Weise, wie viel Aufmerksamkeit auch kleinen Details in der Architektur verdient ist.

Die Gestaltung von Simone Farner und Naima Schalcher ist bewusst zurückhaltend und lässt den Zeichnungen Raum zur Entfaltung. Der englischsprachige Band eignet sich als fundiertes Nachschlagewerk ebenso wie als Inspirationsquelle für alle, die sich für Baukultur interessieren.

In einer Zeit, in der Architektur zunehmend unter dem Druck von Klimazielen, Ressourceneffizienz und Standardisierung steht, setzt dieses Buch einen bewussten Kontrapunkt: Es schaut genau hin. Es fragt, wie Dinge gemacht sind. Und es erinnert daran, dass gute Gestaltung mit Wahrnehmung beginnt – vielleicht ja tatsächlich mit einem Blick aus dem Fenster.

Swiss Window Journeys. Architectural Field Notes

gta Verlag

Erste Ausgabe, 2023

Sprache: Englisch

224 Seiten, 521 Abbildungen

21 x 28,4 cm

CHF 39.–

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