Ausgezeichnete Architektur – Verleihung des Arc Award 20/21

Veröffentlicht am 06. Juli 2021 von
Katharina Wyss

Mitte Mai wurde der Arc Award 20/21 im Rahmen eines Online-Events verliehen. Mit einer Preissumme von 49 000 Franken zählt er zu den bestdotierten Architekturpreisen der Schweiz. Drei Fachjurys kürten in drei verschiedenen Bewerben die Siegerprojekte.

Der Arc Award gilt als Stimmungsbarometer der Schweizer Architekturproduktion. Es waren vor allem Architekten, die sich mit ihren neuesten Bauten für die vier Hauptkategorien des Arc Award Classic bewarben. Aber auch die Arbeiten von Architekturstudenten sowie erfolgreiche Gemeinschaftsprojekte im Rahmen der BIM-Zusammenarbeit kamen auf den Prüfstand.

Marcel Gmür, Philipp Scheidegger

Links: Marcel Gmür, Geschäftsleiter der Forbo-Giubiasco SA, die den Anlass neben anderen als Premium Partnerin sponserte, präsentierte den Preis der Kategorie «Transformation: Sanierungen, Umnutzungen». Rechts: Philipp Scheidegger, CEO der Docu Media Schweiz GmbH, begrüsste die Zuschauer zum erstmals virtuell abgehaltenen Event auf der Bühne. | Foto © Docu Media Schweiz GmbH

Links: Marcel Gmür, Geschäftsleiter der Forbo-Giubiasco SA, die den Anlass neben anderen als Premium Partnerin sponserte, präsentierte den Preis der Kategorie «Transformation: Sanierungen, Umnutzungen». Rechts: Philipp Scheidegger, CEO der Docu Media Schweiz GmbH, begrüsste die Zuschauer zum erstmals virtuell abgehaltenen Event auf der Bühne. | Foto © Docu Media Schweiz GmbH

Insgesamt stellten sich 331 Architekturprojekte letztes Jahr dem Wettbewerb, der in allen Sprachregionen der Schweiz einen hohen Bekanntheitsgrad hat. Die Architekten hatten bis Anfang Oktober 2020 Zeit, über das Onlineportal der Schweizer Baudokumentation digital ihre Projekte einzureichen.

Die Pandemie verzögerte die Beurteilung und die Ehrung der Gewinner. Im Online-Livestream der Award-Verleihung vom 19. Mai 2021 wurde endlich das Rätsel um die erfolgreichen Preisträger gelüftet.

Der erste Preis in der Kategorie «Öffentliche Bauten, Industrie und Gewerbe» ging an Andy Senn Architekt für das Projekt «Landwirtschaftliches Zentrum St. Gallen». | Foto: Seraina Wirz
Der erste Preis in der Kategorie Wohnbauten: Ein- und Zweifamilienhäuser ging an Comte / Meuwly Architekten für ihr Projekt «The Permanent Weekend House». | Foto © Comte / Meuwly

Low-Tec und soziales Engagement

Die brennenden Themen der Zeit widerspiegeln sich auch im aktuellen Architekturschaffen der Schweiz. Da wirkt so manches Projekt wie der in Stein gegossene Versuch, sich dem Klimawandel entgegenzustellen, wie der «Arc Award Classic» zeigt.

Das Landwirtschaftliche Zentrum St. Gallen, der Gewinner der Kategorie «Öffentliche Bauten, Industrie und Gewerbe», beeindruckt nicht nur durch seine Setzung in der Landschaft, mit der das Gebäude den Blick rahmt. Das rundum stimmige Projekt ist ein wahrhaftiges Statement einer neuen Baukultur der Nachhaltigkeit. Das Baumaterial stammt vor allem aus heimischen Wäldern, geheizt wird mit Holzschnitzeln, ein Lehrstück für die Absolventinnen und Absolventen. Die Schüler der landwirtschaftlichen Ausbildungsstätte lernen am Beispiel des Gebäudes, die natürlichen Ressourcen des Landes sowohl als Energieträger als auch als Konstruktionsmaterial zu nutzen. Auf eine mechanische Lüftung wurde verzichtet. Stattdessen sorgt ein Low-Tech-Lüftungssystem für frische Luft. Es funktioniert ähnlich wie in den Funktionsbauten, welche die angehenden Landwirte künftig nutzen werden.

Die Politik der Nachverdichtung und der Trend zur Urbanisierung in der Schweiz braucht gute Beispiele, wie bebaute Gebiete trotz höherer Gebäude und knapperen, aber geplanten öffentlichen Räumen gestalterisch gewinnen können. Das «Weiterbauen» ist eine Variante, um diesen gesellschaftlichen Auftrag architektonisch umzusetzen. Sowohl der Gewinner der Kategorie «Wohnbauten: Mehrfamilienhäuser und Überbauungen», als auch das «The Permanent Weekend House», Siegerprojekt der Kategorie «Wohnbauten: Ein- und Zweifamilienhäuser», bearbeiteten dieses Thema durch Erweiterung und Aufstockung des Bestandbaus.

Beim «The Permanent Weekend House» wirkt die Erweiterung des Gebäudes wie ein filigran gestalteter Unterstand, der auch bei Regen das Durchqueren des Gartens möglich macht. Erwähnenswert in diesem Zusammenhang ist auch das Projekt «RitterUn» in Fribourg. Die Architekten nutzten die Möglichkeit des Umbaus, jeweils einen besonderen Ort zu schaffen:

Sie überraschen bei ihrer Erweiterung des Wohnhauses «RitterUn» mit einer durchdachten Grundrissplanung nach dem Prinzip der Enfilade. Dabei werden Räume mit ungefähr gleicher Grösse traubenartig aneinander gefügt. Bereits beim Eintreten gewährt die Wohnung einen Blick durch die perspektivisch versetzten Türöffnungen quer durch drei Räume, denen jeweils ein Nebenraum zugeordnet ist. Diese Raumanordnung verleiht der Wohnung Grosszügigkeit und ermöglicht innerhalb des Grundrisses individuelle Raumcluster, die auf einfache Weise an veränderte Lebenssituationen angepasst werden können.

Lebendige Baukultur

Die Nachverdichtung in Schweizer Agglomerationen führt auch zur Neubewertung des städtischen Raums. Exemplarisch zeigt sich dieser Trend bei der Zentral- und Hochschulbibliothek in Luzern, die laut dem Beschluss des Kantonsparlaments eigentlich einem grossformatigen Neubau hätte weichen sollen. Geschlossen stellte sich die Architektenschaft gegen dieses Vorhaben, sodass nicht einmal Preisrichter für den dafür geplanten Wettbewerb gefunden werden konnten. Obwohl die Neubesetzung des zentral gelegenen Grundstücks die Finanzen von Kanton und Stadt zu schonen versprach, stimmten über 70 Prozent der Stadtluzerner Bevölkerung für den Erhalt des spätmodernen Kleinods im Zentrum von Luzern. Die Sanierung und Erweiterung bricht nicht mit der Formensprache des Originalbaus, sondern führt sie behutsam weiter aus. Mit grossem Respekt zitieren die Architekten den Stil der Entstehungsepoche und bestätigen durch ihr behutsames Vorgehen den baukulturellen Wert des Gebäudes.

Der erste Preis in der Kategorie «Wohnbauten: Mehrfamilienhäuser und Überbauungen» ging an das Architekturbüro Aviolat Chaperon Escobar für ihr Projekt «RitterUn». | Foto: Eik Frenzel
Der erste Preis in der Kategorie «Transformation: Sanierungen, Umnutzungen» ging an Halter Casagrande Partner AG + Lussi + Partner AG für das Projekt «Erneuerung Zentral- und Hochschulbibliothek Luzern». | Foto: Leonardo Finotti

Blick in die Zukunft

Der architektonische Diskurs gegenwärtiger Themen wird auch an den Schweizer Hochschulen durch Projektarbeiten weitergeführt, der auch beim Gewinnerprojekt der Arc Award-Kategorie «Next Generation» zum Ausdruck kommt. Bei einer Arealentwicklung in Belgrad stellten sich die beiden Projektverfasser die Frage: Was macht eine Stadt aus? Ihr Vorschlag des Weiterbauens entstand aus einer feinfühligen Analyse des Bestandes. Die Digitalisierung revolutioniert nicht nur die Möglichkeiten der Darstellung von Architektur. Beeindruckend dokumentiert dieses Potenzial das Siegerprojekt «Haus des Holzes» der Arc Award-Kategorie «BIM». Es ist ein konkretes Beispiel, wie die Zusammenarbeit spezialisierter Planer mittels BIM effizienter und transparenter gestaltet werden kann.

Der erste Preis im Bewerb «Next Generation» ging an Yannick Fortiguerra und Kevin Kummerow mit ihrem Projekt «Kula Beograd 5-9». | Zeichnung: Yannick Fortiguerra, Kevin Kummerov
Der erste Preis im Bewerb «BIM: zukunftsweisende Entwicklungen» ging an die Pirmin Jung Immobilien AG mit ihrem Projekt «Haus des Holzes». | Zeichnung: Pirmin Jung

Hochwertige Architektur prämiert

Live aus dem Studio der Agentur Aroma in Zürich begrüsste Philipp Scheidegger, CEO der Docu Media Schweiz GmbH, die Zuschauerinnen und Zuschauer zur Preisverleihung. Das auf Informationen für die Schweizer Baubranche spezialisierte Unternehmen lobt jeweils den Arc Award aus. Soverän führte Susanne Kunz als Moderatorin durch die eineinhalb Stunden des virtuellen Events, die sowohl Gewinner als auch Nominierte der sechs Arc Award-Kategorien gebührend ehrte. Überreicht wurden die Preise der jeweiligen Kategorie von den Unterstützern des Events, die damit ihr Engagement für qualitätsvolle Architektur bekräftigten.

Ein Blick hinter die Kulissen: Drei Kameras und eine bewegliche Lichtshow standen der Regie für die Übertragung des Events zur Verfügung. Mit stimmungsvollen Videoeinspielungen wurden jeweils die Gewinnerprojekte vorgestellt. | Foto: Daniel Blatti
Jurypräsident Dominique Salathé konnte sich während der dreitägigen Juryreise durch die Schweiz einen guten Überblick über die Entwicklungen der Baukultur in der Schweiz verschaffen. | Foto: Daniel Blatti

Es lag an den Jurypräsidenten, die drei besten Beiträge jeder Kategorie zu präsentieren und den Gewinnern zu gratulieren. Live wurden die Sieger aus ihren Büros oder von zu Hause zugeschaltet. Geehrt wurden ihre Projekte durch aufwändig produzierte, stimmungsvolle Videoeinspielungen, die eindrücklich die Ausführungen der Planer untermalten.

Der Livestream schloss mit einer Auflistung aller teilnehmenden Architekten. Der Arc Award ist Symbol und Verdienst ihres täglichen Engagements für gute Baukultur.

Freudige Gesichter der verdienten Gewinner am Ende des Online- Events: Moderatorin Susanne Kunz gratulierte allen Gewinnern des Arc-Award via Livestream. | Foto: Daniel Blatti

Freudige Gesichter der verdienten Gewinner am Ende des Online- Events: Moderatorin Susanne Kunz gratulierte allen Gewinnern des Arc-Award via Livestream. | Foto: Daniel Blatti

Freudige Gesichter der verdienten Gewinner am Ende des Online- Events: Moderatorin Susanne Kunz gratulierte allen Gewinnern des Arc-Award via Livestream. | Foto: Daniel Blatti

Der Arc Award teilt sich in drei verschiedene Bewerbe auf, den «Arc Award Classic», den «Arc Award BIM» und den «Arc Award Next Generation».

Der «Arc Award Classic» ist Bauten zugedacht, die in den letzten drei Jahren vor dem Einreichdatum fertig gestellt wurden. Der «Arc Award Classic» umfasst folgende Kategorien:

Öffentliche Bauten, Industrie und Gewerbe

Wohnbauten: Ein- und Zweifamilienhäuser

Wohnbauten: Mehrfamilienhäuser und Überbauungen

Transformation: Sanierungen, Umnutzungen

Für die Beurteilung der Projekte zuständig waren Dominique Salathé (Jurypräsident) sowie Ludovica Molo und Inès Lamunière.

Der «Arc Award BIM» zeichnet Projekte aus, deren Erfolg wesentlich auf den Einsatz digitaler Hilfsmittel baut. Die Jury, bestehend aus Birgitta Schock (Präsidentin) sowie Philipp Dohmen und Martin Fischer sind Wegbereiter bei der Digitalisierung von Bauplanungen.

Der «Arc Award Next Generation» wird aussergewöhnlichen Projekten verliehen, die im Rahmen von Lehrveranstaltungen an Architekturschulen erarbeitet wurden. Die Jury bestand dieses Jahr aus den drei der Lehre verbundenen Architekten Stefan Cadosch (Jurypräsident) Nicole Deiss und Christian Zimmermann.

Für den Arc Award 20/21 wurden insgesamt 331 Projekte eingereicht. 225 Architekturbüros und Studenten der Architektur stellten sich dem Wettbewerb. In Zukunft soll der Preis alljährlich verliehen werden. Die nächste Auslobung ist im Frühling 2022 geplant.

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