Ausbildungsanlage Allmend West
,
Schweiz
Veröffentlicht am 20. März 2025
3B Architekten AG
Teilnahme am Swiss Arc Award 2025
Projektdaten
Basisdaten
Gebäudedaten nach SIA 416
Beschreibung
Der Waffenplatz Thun ist einer der wichtigsten Waffenplätze der Schweizer Armee. Seine Infrastruktur bietet ideale Voraussetzungen für dessen langfristige Nutzung. Mit der Verlegung des Ausbildungsstandortes Lyss in einen Neubau nach Thun kann die gesamte Ausbildung des Kommandos Instandhaltungsschule 43 zentralisiert werden.
Perimeter
Die Mannschaftskaserne 1 aus dem Jahre 1868 markiert stadtauswärts den Beginn der Allmendstrasse. Die Bäume entlang der Allmendstrasse bilden eine identitätsstiftende Allee, welche Thun seit dem frühen 18. Jahrhundert gegen Westen verlässt. Daneben ist die Bebauung vor allem nordseitig äusserst heterogen. Einzelne Akzente ragen in den Strassenraum. Am auffälligsten davon ist die Kehrichtverbrennungsanlage (KVA). Südseitig fällt der sporadisch bebaute Bereich zwischen der Allmendstrasse und den Panzerhallen auf. Heute weist dieser ein grosses Entwicklungspotenzial auf. 1939 wurde an dieser Stelle die Dufourkaserne gebaut und 2016 westlich dazu die neue Sporthalle. In diesem Streifen entlang der Allmendstrasse, vorbei an der grossen Allmend, bis hin zu den Fussballfeldern des Sportvereins Waldeck, liegt der Perimeter für die Weiterentwicklung des Waffenplatzes Thun. Zwischen Allmendstrasse und grosser Allmend wird somit ein Bereich bebaut, der bisher einen einzigartigen Weitblick auf die Stockhornkette gewährte.
Gebäude
Die fachspezifische Aufteilung der Nutzung in drei Volumen und die niedrigere Gebäudehöhe helfen, den Neubau in den nordseitigen Strassenraum einzugliedern und trotzdem die oben erwähnten Durchblicke beizubehalten. Südseitig wird das Ensemble vom durchlaufenden Vordach zu einem Volumen zusammengefasst, das so auf die Weite der Allmend reagiert und gleichzeitig die gegenüberliegende Bergkette wiederspiegelt. Alle drei Gebäude haben einen Hallenteil, der sich mit grossen Toren nach Süden orientiert. Nordseitig befindet sich der zweigeschossige Theorieteil. Er fungiert als Bindeglied zwischen den zwei Gebäudeteilen und Erschliessungszone, welche der Personen und Medienverteilung dient. Die geforderte Nähe der einzelnen Räume kann so ideal gewährleistet werden. Dieses einfache Grundkonzept bietet eine maximale Flexibilität für alle heutigen und zukünftig zu erwartenden Nutzungen.
Primärkonstruktion
Alle Gebäude, einschliesslich der Erschliessungskerne, sind ab der Bodenplatte in leichter Holzbauweise erstellt. Sie sind geprägt durch ein regelmässiges Raster. Die Hallen sind 25 Meter tief und werden alle 7,5 Meter mit einem Brettschichtträger überspannt. Dieser wird im Bereich des Korridors biegesteif mit der Wandscheibe verbunden. Die Brettschichtträger kragen über den Toren 5 Meter aus und tragen das Vordach. Die Gebäude werden durch die Aussenwände und die fixen Innenwände seitlich der zentralen Erschliessungszone ausgesteift. Dies ermöglicht eine freie Einteilung der Hallen. Der Schulungsteil besteht aus vorfabrizierten Holzfertigelementen, die dem Rastermass entsprechen. Tragend sind die Aussen- und die Hallenrückwand, die Raumzone dazwischen ist damit auf ihrer ganzen Länge frei unterteilbar. Die östliche, westliche und nördliche Fassaden sind mit einer grossteiligen Schuppung verkleidet und teilweise mit Lochfenstern perforiert. Die Schuppung macht die Geschossigkeit nach aussen sichtbar und rhythmisiert die Länge der Gebäude. Südseitig ist die Fassade durch Binder, Stützen und die dazwischenliegenden Tore gegliedert, was die klare Ausrichtung der Gebäude zusätzlich unterstützt.
Die Hallen werden primär durch ihre vom Vordach beschatteten Glastore belichtet. Zusätzliches Licht dringt durch die optimal platzierten Dachfenster und die nordseitigen Fassadenfenster ins Innere. In den Schulungsräumen sind die Lochfenster dem Raster entsprechend unterteilt. Damit ist die angestrebte Anpassbarkeit für unterschiedliche Raumgrössen gewährleistet.
Nachhaltigkeit und Haustechnik
Dank minimaler Unterkellerung in Massivbauweise und einem reinen Holzbau in den darüberliegenden Geschossen konnte die Bauzeit optimiert und maximal CO₂ gebunden werden. Durch Vergaben von über 80 Prozent an regionale Unternehmungen und dem Einsatz von Schweizer Holz waren die Transportwege kurz und die graue Energie minimal. Zusätzliche Grün- und PV-Flächen auf dem Dach tragen zur Nachhaltigkeit bei und ermöglichen eine Zertifizierung nach Minergie-Standard.
Die Technikräume sind im zentralen Erschliessungsteil jeweils im Untergeschoss und Dachgeschoss angeordnet. In dieser Erschliessungszone befinden sich nebst dem Haupttreppenhaus mit Lift und den Nebenräumen auch die Hauptsteigzonen, von wo aus alle Medien über die Korridore auf die Schulungsräume verteilt werden. Die Hallen werden direkt aus den Technikzentralen erschlossen. Durch Doppelböden in den Theorieräumen, welche vorwiegend der elektrischen Erschliessung dienen, wird die Flexibilität für zukünftige Nutzungsanpassungen zusätzlich gestärkt.
Aussenflächen
Den Gebäuden vorgelagert sind die befestigten und auf die notwendige Nutzung reduzierten Aussenflächen mit Beton und Asphaltbelag für Ausbildung und Parkierung. Zwischen den Gebäuden liegen Rasenflächen, welche den Armeeangehörigen als Übungsplatz dienen und die Versickerung des Regenwassers gewährleisten. Durch die Ausweitung der Grünflächen in den Hartplatzbereich hinein, wird dieser zoniert und die verschiedenen Bereiche werden deutlich den einzelnen Hallen zugeordnet. Eingefasst wird die Anlage von einem Grünstreifen mit ökologischen Ausgleichsflächen und der Arealeinzäunung.
Besonderheiten
Es ist nicht alltäglich, dass man eine Ausbildungsanlage für die Armee bauen kann. Die Aufgabe bestand in erster Linie darin Lager- und Ausbildungshallen für die Fahrzeuge mit angrenzenden Theoriesälen zu bauen. Die benötigten Raumvolumen und -grössen liessen das Projekt zu einem der grössten Holzbauten der Schweiz avancieren. Aus diesem Grund war es von Beginn weg ein zentrales Thema, wie dieses Bauvorhaben in die städtebauliche Situation einzupflegen ist, ohne es zu stören, sondern einen Mehrwert zu schaffen. Durch die Aufteilung der Raumbedürfnisse auf drei Gebäude liessen sich die Baukörper so in die Situation einbringen, dass von der Allmendstrasse der Blick auf die Bergwelt erhalten bleibt und die Gebäude als drei unterschiedliche Volumen verstanden werden. Durch das durchlaufende Vordach konnte von der grossen Allmend her das Ensemble zusammengebunden und so auf die Weite der Allmend reagiert werden. Um die Länge der Gebäude in Richtung Allmendstrasse zu brechen, wurden die umlaufenden Fassaden Richtung Norden, Osten und Westen geschuppt (ähnlich übergrossen Schindeln). Nach Süden hin wurde die Fassaden als Membran durchlässiger ausgeführt, sodass sich die Gebäude klar auf die davor liegende Ausbildungsfläche ausrichten.
Um den Aushub möglichst gering zu halten, wurden nur Räume im Untergeschoss platziert, welche dies auf Grund des Einbruchschutzes erforderten. Ab der Bodenplatte sind die Gebäude inklusive Liftkern und Fluchttreppenhaus als reiner Holzbau gebaut. Dadurch konnte ein Maximum an CO₂ gebunden und nachwachsende Materialien verwendet werden. Durch eine klare Tragstruktur und ein durchgehendes Raster von 7,5 Metern in den Hallen beziehungsweise 2,5 Metern in den Theoriesälen sowie einem durchdachten Erschliessungskonzept der Medien konnte ein hoher Grad an Flexibilität erreicht werden. Die Hallen und die Theoriesäle können in Zukunft frei unterteilt werden.
Der enge Kontakt mit der Bauherrschaft und der Nutzerschaft war ein zentraler Punkt, welcher zu der erfolgreichen Fertigstellung der Gebäude beigetragen hat. Eine kompetente und professionelle Bauherrschaft, welche sich mit dem Bauen auskennt und eine gut organisierte Nutzerschaft, welche reaktiv ist, ermöglichten den Einbezug der hoch technisierten Anlagen in die Gebäudeplanung, sodass alle Anschlüsse, Kabel und Räume schlussendlich am richtigen Ort waren. Durch eine detaillierte Ausarbeitung während dem Vorprojekt und der Bauprojektphase mussten die Gebäude und Nutzungen während der Ausführungsplanung und Realisierung nur noch geringfügig geändert und angepasst werden.
Ein Highlight der Gebäude sind die Pausenräume, welche als «Wohnzimmer» der Rekruten fungieren. Sie wurden mit textilen Wandbelägen in drei unterschiedlichen Farben gestaltet und in dem unteren Teil mit einem Wandtäfer aus Eiche. Die Pausenräume öffnen sich mit einem Fenster von 5,4 Meter Höhe in Richtung Süden, sodass man im Innern das Gefühl hat, dass die Berge zum Greifen nah sind.
Das zentrale Baumaterial von unserem Projekt ist Holz in all seinen Facetten. So wurden von Vollholz über Mehrschichtplatten bis hin zu zementgebundenen Holzfaserplatten verschiedenste Holzarten verbaut.
Das Projekt von 3B Architekten wurde im Rahmen des Swiss Arc Award 2025 eingereicht und von Jeannine Bürgi publiziert.