Das Klima geht vor! – Anstösse zum Umdenken

Veröffentlicht am 06. Dezember 2023

Die Architektur muss sich verändern und rasch ihren Beitrag im Kampf gegen die fortschreitende Klimaerwärmung leisten. Beim Arc Afterwork in Lausanne am 6. September 2023 ging es daher um umweltverträgliche Materialien und ökologische Strategien für das Bauen. Vier Referent*innen präsentierten ihre Ansätze und zeigten verschiedene Arbeiten, beispielsweise im Ökoquartier Plaines-du-Loup.

Die Referent*innen gaben dem begeisterten Publikum in jeweils zwanzigminütigen Referaten Einblick in ihre Arbeiten und Forschungen.

Die Referent*innen gaben dem begeisterten Publikum in jeweils zwanzigminütigen Referaten Einblick in ihre Arbeiten und Forschungen.

Die Referent*innen gaben dem begeisterten Publikum in jeweils zwanzigminütigen Referaten Einblick in ihre Arbeiten und Forschungen.

Resilienz, Überzeugungskraft und der Wille, mit Konventionen zu brechen – diese drei Aspekte sind zentral, wenn Architekt*innen die globale Klimaerwärmung verlangsamen und den Kohlendioxidausstoss der Bauproduktion verringern wollen. Rund hundert Architekt*innen hatten beim Arc Afterwork im Musée Olympique in Lausanne Gelegenheit, vier Ansätze hierzu kennenzulernen. Zufälligerweise und äusserst passend gaben genau am Tag des Arc Afterworks die Vereinten Nationen eine Warnung heraus, dass das Weltklima kurz vor dem Kollaps stehe. Höchste Zeit also die Empfehlungen der Expert*innen für klimaschonendes Bauen ernst zu nehmen. Das Event zeigte, dass es bereits einige gute Ansätze gibt – sowohl aufseiten der Architekt*innen als auch bei der öffentlichen Hand.

Lorraine Beaudoin vom Lausanner Büro Joud Vergély Beaudoin präsentierte einen Neubau im Ökoquartier Plaines-du Loup oberhalb von Lausanne. Der aus vier ineinander verschachtelten Kuben bestehende Neubau setzt im Innenbereich auf Lehmputz und auf Beton aus Hanf und Kalk für die Tragstruktur. In umfassenden Tests zeigten die neuen Materialien ihre Stärken. «Die Notwendigkeit, neue Ansätze zu entwickeln, spornt uns Architekt*innen an», sagte Christophe Joud. Auf der Suche nach klimaneutralen Baustoffen entwickelten sie die Idee, die Aussenwände eines Quartierzentrums aus Lehm zu errichten. «Bodenanalysen haben gezeigt, dass man Kies beimischen muss, um einen qualitativ hochwertigen Baustoff zu erhalten», erklärte Architektin Lorraine Beaudoin. Dies hatte zur Folge, dass der Entwurf an die Eigenschaften der gewählten Materialien angepasst werden musste – ein architektonischer Paradigmenwechsel. Die Erde des Aushubs wurde gesiebt und entsteint, bevor sie verarbeitet wurde. Das Tragwerk des Gebäudes besteht aus Hanf, der mit Kalk vermischt wurde; ein Material, das sich als überaus funktional erwies. Es lässt sich auch gut mit Holz kombinieren, vor allem für die Fensterrahmen.

Der Lausanner Architekt Nicolas de Courten wiederum liess mehrere Gebäude von Plaines-du-Loup aus Lochziegeln errichten, deren Hohlräume mit Bimssteingranulat gefüllt wurden. Er wies in seinem Vortrag zudem explizit darauf hin, dass eine Verdichtung nur dann qualitätvoll ist, wenn gute Freiräume vorhanden sind. Und in Bezug auf Gebäude plädierte er dafür, neben der Ökobilanz die Frage der Qualität nicht zu kurz kommen zu lassen, um sicherzustellen, dass Gebäude geschätzt und aus dieser Motivation heraus lange erhalten werden.

Lorraine Beaudoin stellte für den Bau eines Wohnkomplexes in Plaines-du-Loup verwendete Naturmaterialien vor.
Guillaume Yersin berichtete über die Umwandlung einer alten Ziegelei in Bardonnex in Ateliers für Kunsthandwerk.

Sich auf Wesentliche besinnen

Nach Erläuterung der beiden Projekte wurde das Thema des Bauens im Zeitalter des Klimawandels auf übergreifenden und strategischeren Ebenen diskutiert. Architektin Véronique Favre vom Genfer Büro FAZ ermutigte zur Besinnung auf vorhandene Ansätze, um die globalen Probleme anzugehen. «Gebäude weiterbauen, statt sie zu ersetzen, den Aussstoss von CO2 so gut es geht zu verringern, die Kreislaufwirtschaft ausbauen, das Streben nach Resilienz und generell eine Kultur, die das Ziel hat, aus weniger mehr zu machen, sind Stossrichtungen, die stärker als bisher beherzigt werden müssen, um das Bauen klimaverträglicher zu machen», erklärte sie.

Und doch kommt es immer wieder zu Schwierigkeiten oder gar Rückschlägen. Architekt Guillaume Yersin vom Architekturbüro Saas Sàrl in Carouge beschrieb in seinem Vortrag Schwierigkeiten, die bei der Sanierung alter Gebäude auftreten können. «Die vorhandenen Strukturen sind nicht immer ideal, um sie klimafreundlich umzunutzen», sagte Yersin am Beispiel der Sanierung einer alten Ziegelei südlich von Genf. Dort mussten massive Öfen herausgerissen werden, um das Gebäude fürs Wohnen herzurichten.

Am Ende der zweistündigen Konferenz zeigten sich alle Teilnehmenden durchweg optimistisch, obwohl sie aufzeigten, dass noch ein weiter Weg vor uns liegt, um im Einklang mit der Umwelt zu bauen. Denn etablierte Standards, das Streben nach möglichst geringen Kosten und termingerechten Fertigstellungen stehen einem Umdenken leider häufig im Weg.

Das Musée Olympique bot den idealen Rahmen für die Vorträge. Beim nachfolgenden Flying Dinner wurde weiter über die Bedeutung der Architektur im Rahmen der Klimakrise diskutiert.

Das Musée Olympique bot den idealen Rahmen für die Vorträge. Beim nachfolgenden Flying Dinner wurde weiter über die Bedeutung der Architektur im Rahmen der Klimakrise diskutiert.

Das Musée Olympique bot den idealen Rahmen für die Vorträge. Beim nachfolgenden Flying Dinner wurde weiter über die Bedeutung der Architektur im Rahmen der Klimakrise diskutiert.

Die Vorträge hatten viel Charme und machten den Gästen grossen Spass. Die rege Diskussion mit dem Publikum im Anschluss an die Vorträge wurde beim Flying Dinner fortgesetzt.

Dieser Artikel wird in Arc Mag 2024–1 erschienen. Bestellen Sie jetzt ein Abo, damit das Heft schon bald in Ihrem Briefkasten ist.

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