Verdichten in die Höhe – Einladung zum Arc Afterwork in Lausanne
Raumplanungs- und Waldgesetz sollen die Zersiedelung bremsen und Grünräume schützen. Im RPG wird unter anderem geregelt, dass nicht mehr Bauland eingezont werden darf, als hochgerechnet in den nächsten 15 Jahre benötigt wird. Beide Gesetze sind grundsätzlich gut, führen aber auch dazu, dass sich in den Metropolitanräumen die Wohnungskrise verschärft. Politik, Planung und Architektur sind gezwungen, kreativ zu werden. Das Liberalisieren von Höhenbeschränkungen und das Aufstocken bestehender Gebäude ist eine Möglichkeit, um an gut erschlossenen Orten nachzuverdichten. Doch macht es Sinn – wie aktuell von der FDP vorgeschlagen – schweizweit zwei Etagen mehr zu erlauben? Beim Afterwork am 4. September im Musée Olympique in Lausanne dreht sich alles um das Thema «Aufstocken». Zehn Architekt*innen zeigen ihre Projekte und gehen in ihren Vorträgen auf konstruktive, gesetzliche und gestalterische Fragen ein.
Im Angesicht der Klimakrise muss die Bauproduktion künftig weniger CO2 ausstossen. Dabei sind zwei Ansätze besonders vielversprechend: das Verdichten und der Erhalt von möglichst viel Bausubstanz. Leider führen Liberalisierungen bei Ausnutzungen und Höhen meist dazu, dass abgerissen und Ersatzneubauten erstellt werden. So wird zwar mehr Wohnraum auf der selben Fläche errichtet, zugleich werden aber grosse Mengen grauer Energie vernichtet beziehungsweise freigesetzt und günstige Wohnungen gegen solche mit höheren Mieten ausgetauscht. Insofern ist es sinnvoll, das Potenzial von Aufstockungen bestehender Gebäude genauer unter die Lupe zu nehmen.
Gesetze als Hebel
Aktuell kann man in der Schweiz vermehrt spannende Aufstockungsprojekte entdecken. Das hat vor allem mit neuen Regeln zu tun. So wurden beispielsweise 2008 im Kanton Genf per Gesetz die städtebaulichen Regeln geändert. In zwei Zonen im Stadtzentrum wurde das Hinzufügen von zwei neuen Stockwerken erlaubt. Diese Erhöhung des Strassenraumprofils ist ein Ansatz, um der Bauwirtschaft Anreize für die Erstellung neuen Wohnraums zu geben, um der Knappheit entgegenzuwirken. Ein anderes Gesetz, welches die Preissteigerungen auf dem Wohnungsmarkt im Zaum hält, steht jedoch in vielen Fällen den Aufstockungen im Weg, da diese für Investoren unrentabel wären. So wurden im Jahrzehnt nach Inkrafttreten des Gesetzes weniger als 500 Wohnungen im Rahmen von 40 Aufstockungen geschaffen. Darüber hinaus stellte sich die Stadtverwaltung von Genf, die sich neben Mietsteigerungen auch um das Stadtbild Sorgen machte, häufig bei Aufstockungsprojekten quer. Dieser Dissens zwischen Kanton und Stadt beim Thema Aufstocken wurde sechs Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes durch einen Leitfaden gelöst. Bruno Marchand hat ihn zusammen mit Joud & Vergély entwickelt. Mit seiner Hilfe können Behörden und Kommissionen die Gesuche bewerten. Auch für Investoren bietet dieses Instrument eine Hilfestellung, ihre Projekte so auszuarbeiten, dass eine Genehmigung wahrscheinlich ist.
Ein Modell für die gesamte Schweiz?
Neben den ökonomischen Aspekten sind Aufstockungen zugleich gestalterische Chancen und Herausforderungen. Wie können Alt und Neu miteinander verschmelzen oder in einen interessanten Dialog treten? Die Proportionen der Strassenräume werden verändert und damit der Charakter ganzer Stadtquartiere transformiert. Clevere Entwürfe haben das Potenzial, bislang banalen Projekten neuen Esprit einzuhauchen.
Beim Arc Afterwork werden zehn Architekt*innen Aufstockungen vor allem aus den Kantonen Genf und Vaud zeigen. Die dynamischen Vorträge werden aus 20 Folien bestehen, die jeweils für 20 Sekunden zu sehen sein werden. Die Projekte liegen an verschiedenen Orten und haben verschiedenartige Kontexte. Sie reichen von der Aufstockung eines Einfamilienhauses bis zum Aufsetzen dreier neuer Etagen auf ein grosses Wohnhaus. Manche von ihnen sind diskret und beinahe unsichtbar, andere treten selbstbewusst mit einer eigenen Sprache in Erscheinung. Ein Ziel des Abends wird es sein, von den Projekten der Romandie zu lernen und zu diskutieren, ob dieses Modell auch an anderen Orten der Schweiz ein geeignetes Instrument zur Verdichtung sein kann. Zwei Projekte in Bern öffnen dahingehend bereits das Feld.
Melden Sie sich online auf swiss-arc.ch an und reservieren sich einen Platz im Musée Olympique für den Afterwork am 4. September 2024. Wir freuen uns, gemeinsam mit Ihnen über die Potenziale der Verdichtung in die Höhe zu diskutieren!
Der Event ist leider bereits ausgebucht. Wir stellen aber wenige Wochen nach dem Event hier ein Video des Abends online!
Dieser Artikel ist in Arc Mag 2024–4 erschienen. Bestellen Sie jetzt ein Abo, damit das Heft schon bald in Ihrem Briefkasten ist.