Kreis! Quadrat! Progress! Zürichs konkrete Avantgarde
Diese Publikation bietet einen fesselnden Einblick in eine oft übersehene Ära der Schweizer Kunstgeschichte. In der Nachkriegszeit erlebte die Schweiz eine kulturelle Renaissance, insbesondere im Bereich der Konkreten Kunst, Grafik und des Designs. Porträtiert werden Max Bill, Camille Graeser, Verena Loewensberg und Richard Paul Lohse. Von den klaren Linien und Formen in Bills Werken bis hin zur dynamischen Energie in Graesers Kompositionen – jedes Porträt enthüllt ein Stück faszinierender Kunstgeschichte des 20. Jahrhunderts.
Kunst und Konflikte – das Erbe der Zürcher Konkreten
Thomas Haemmerli und Brigitte Ulmer, das Herausgeberduo, haben dieser Kunstbewegung mit einem liebevoll gestalteten Buch ein Denkmal gesetzt. Mit zahlreichen Bildern werden die Zürcher Konkreten ihre Werke und ihr Schaffensraum eindrucksvoll dargestellt. Zeitzeugen wie der Künstler Peter Fischli, der Journalist Willi Wottreng und die Kuratorin Bice Curiger geben in Texten Einblicke in Kontroversen, Skandale und Durchsetzungskämpfe dieser Zeit. Dabei kommen auch kritische Stimmen zu Wort. So beschreibt die NZZ die radikale Bildsprache beispielsweise als «überlaute Fröhlichkeit. Auch die Polemik von Martin Heller, dem damaligen Direktor des Zürcher Museums für Gestaltung aus den 1990er-Jahren, fehlt in der Publikation nicht. Seine Kritik steht exemplarisch für eine Mitte der 68er einsetzende Abneigung, die er in seinem Essay ebenso elegant wie scharf formuliert.
Im ersten Abschnitt werden die Pioniere, Anreger und Wegbereiter wie der niederländische Künstler Theo van Doesburg, Mitbegründer der in den 1910er und 1920er Jahren entstandenen De Stijl-Bewegung, und Georges Vantongerloo, der die Konkrete Kunst massgeblich mitgeprägt hat, vorgestellt. Ein zweiter Teil widmet sich den vier Zürcher Konkreten Max Bill (1904-1994), Camille Graeser (1892-1980), Verena Loewensberg (1912-1986) und Richard Paul Lohse (1902-1988). Die Leser*innen tauchen ein in eine Welt der vier Protagonisten und des damaligen Zürich: Max Bill im Atelierhaus mit Pelzschmuck, Verena Loewensberg tanzend im Jazzclub Trester, Konkrete Kunst über dem Biderdermeier-Sofa, Camille Graeser anlässlich seiner Retrospektive im Kunsthaus Zürich. Essays und ein Glossar bieten einen weiteren Zugang.
Ein Rückblick
Die Zürcher Konkreten, eine Kunstrichtung, die in den 1930er-Jahren in Zürich entstand, basierte auf mathematischen und geometrischen Prinzipien. Thomas Haemmerli beschreibt in seinem Aufsatz «Eine kurze Geschichte der Zürcher Konkreten», wie Künstler wie Max Bill und Richard Paul Lohse eine neue, objektive Ästhetik entwickelten. Sie lehnten die subjektive Ausdrucksweise des Expressionismus ab und strebten nach universellen, zeitlosen Formen. Diese Künstler schufen Werke, die durch ihre Klarheit und Strenge bestechen. Haemmerli hebt hervor, dass die Zürcher Konkreten einen grossen Einfluss auf die internationale Kunstszene hatten. Ihre Arbeiten zeichneten sich durch Präzision und eine Vorliebe für reine Farben aus. Die Konkrete Kunst fand auch Anwendung in Architektur und Design. In den 1950er-Jahren erreichte die Bewegung ihren Höhepunkt. Heute gelten die Zürcher Konkreten als wichtige Vorreiter der modernen Kunst.
Kreis! Quadrat! Progress!
Scheidegger & Spiess
Erste Ausgabe, 2024
Sprachen: Deutsch, Englisch
336 Seiten, 246 farbige und 15 s/w-Abbildungen
21.5 x 26.5 cm
CHF 49.–