Beton wiederverwenden

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8004 Zürich,
Schweiz

Veröffentlicht am 10. März 2023
 
Teilnahme am Swiss Arc Award 2023

Projektdaten

Basisdaten

Lage des Objektes
Güterstrasse 33, 8004 Zürich, Schweiz
Projekttyp
Studierendenentwürfe
Fertigstellung
07.2022
Links

Gebäudedaten nach SIA 416

Stockwerke
3 bis 5
Parkplätze
15

Beschreibung

Längst haben wir gelernt, dass unsere Ressourcen endlich sind. Fragen zu Treibhausgasemissionen und grauer Energie beschäftigen uns zwar täglich, werden bisher aber wenig ernst genommen. Wir befinden uns in einer Krise, auf die wir bisher keine überzeugende Antwort haben.

Ausgangslage

Wiederverwenden macht vor allem bei Bauteilen Sinn, deren Herstellung viel Energie verschliesst jedoch langlebig sind. So ist die Wiederverwendung von Betonelementen, welche aus bestehenden Gebäuden rückgebaut wurden, eine bisher wenig bekannte und auch nur selten praktizierte Bauweise. Lässt sich ein bestehendes Gebäude nicht sanieren oder umnutzen, können seine Bestandteile andernorts zu neuen Bauwerken zusammengesetzt werden. Um das zu ermöglichen, muss das Bauwerk sorgfältig demontiert werden.

Entwurfsidee

Um die statischen Vorteile von Betonstrukturen nutzen zu können, gleichzeitig aber ressourcenschonend zu bauen, werden Ortbetonstrukturen bestehender Gebäude rückgebaut und wieder neu verbaut. Das Bauen mit wiederverwendeten Bauteilen erweist sich als Herausforderung. Zum Abriss freigegebene Gebäude müssen identifiziert und ihre Bauteile katalogisiert werden. Die Organisation des Rückbaus erfolgt schrittweise. Erst werden die Betondecken geschnitten, dann die Vertikalstruktur entfernt. Die entnommenen Bauteile müssen in LKW gerechte Stücke geschnitten und in ein Zwischenlager gebracht werden, wo sie aufbereitet auf ihr zweites Leben warten. Für diese Testplanung werden Bauteile aus zehn Gebäuden wiederverwendet. Daraus werden vier Gewerbehallen erstellt. Gefügt werden diese Teile mit filigranen Stahlverbindungen, die die Betonstrukturen statisch ergänzen. Sie sind reversibel verbaut und erlauben somit einen schnellen Rückbau.
Als Ort für diese Intervention ist Zürich Hart vorgesehen, zwischen Gleisfeld und Gefängnis. Das Areal ist stark durch seine industrielle Geschichte geprägt. Wo heute das Gefängnis steht, befand sich früher der Züricher Rangierbahnhof. Die Parallelität des Ortes und die Staffelung der bestehenden SBB-Hallen neben dem Gleisfeld werden aufgenommen und dienen als Leitfaden des Projekts.

Projektierung

Die bestehenden Gleise, welche noch an das Netz angeschlossen sind, bilden das Rückgrat der Anlage. Hier können nicht nur die Re-Use-Bauteile angeliefert und aufbereitet, sondern auch die produzieren Waren und benötigten Rohstoffe der Manufakturen angeliefert und abtransportiert werden.
Als erste Intervention wird die bestehende Halle mit Kran aus dem Kochareal abgebaut und über der Gleisanlage aufgerichtet. Gedeckt wird diese Halle mit Wellblech aus dem Schwimmbad in Oerlikon. Als zweiter Meilenstein werden die neuen Produktionshallen den Flanken der Gleishalle angedockt. Dies ermöglicht eine hohe Flexibilität im Grundriss und im Bauprozess. Vollendet wird das Bauwerk durch das Anheften der letzten Halle. Diese bildet die neue Fassade zur Stadt. Erschlossen werden die Hallen jeweils an der westlichen Stirnseite. Die östliche Stirnseite wird für logistische Zwecke bereitgestellt.

Realisierung

Die Fassade ist in zwei Teile gegliedert: Auf der nördlichen Seite ist eine Pufferschicht vorgesehen, die gleichzeitig die Erschliessung zu den Gewerbehallen ermöglicht. Aufgrund des Puffers wird hier eine Klimagrenze mit wenig Dämmleistung benötigt, idealer Einsatzort für eine Re-Use-Fassade. Die restlichen drei Seiten sind als modulare Fassadenelemente konstruiert. Sie können ausgewechselt und ohne grossen Aufwand getauscht werden. So entsteht eine leistungsfähige Stützen-Platten-Struktur, in welcher ausschliesslich wiederverwendete Betonelemente verbaut sind.

Besonderheiten

Durch das Bauen mit wiederverwendeten Bauteilen liessen sich im Projekt 80 Prozent der ausgestossenen Treibhausgasemissionen, in Zahlen 1688,86 Tonnen Kohlenstoffdioxid im Vergleich zu einem Neubau einsparen. Durch die noch aufwendigen Bautechniken, die der Rückbau erfordert, ist das Gebäude um 34 Prozent teurer als ein konventioneller Neubau. Allerdings sind dessen Bauteile generisch und nicht reversibel gefügt. Filigrane Stahlelemente verleihen den Produktionshallen ihre jeweils eigene spezielle Atmosphäre.
Ziel ist es, die Verschwendung von Rohstoffen sowie den Ausstoss von Treibhausgasemissionen drastisch zu senken und Gebäude so zu konstruieren, dass sie und alle Gebäudeteile wiederverwertbar sind. Bis dahin ist es unabdingbar, die Lebensdauer von Gebäuden oder Bauteilen zu verlängern.

Next Generation Projekt eingereicht für den Arc Award 2023 von Adrian Kiesel, ZHAW Winterthur

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