Faszination EFH – ein Analyseentwurf
,
Schweiz
Veröffentlicht am 17. März 2023
Teilnahme am Swiss Arc Award 2023
Projektdaten
Basisdaten
Gebäudedaten nach SIA 416
Beschreibung
Verstehen statt Verurteilen. Wir finden Potenziale für das Konzept Einfamilienhaus und entwickeln Strategien für die Weiterentwicklung der Typologie, ohne dabei dessen Grundwerte zu verlieren. An drei Gebäuden einer Quartierstrasse in Granges testen wir unsere Strategien.
Ausgangslage
Zu Beginn des Semesters untersuchten wir das Gebiet zwischen Sierre und Sion, um dann ein städtebauliches Szenario für das Jahr 2050 zu schreiben. Das Untersuchungsperimeter bei Granges (VS) ist geprägt von Einfamilienhaussiedlungen und steht stellvertretend für viele Landschaftsräume in der Schweiz. Um diese Typologie zukunftstauglich zu machen, verfassen wir die Charta-Happyland. Diese sieben Regeln ersetzen die vorherrschenden Baureglemente und lassen Spielraum für innovative Ideen der Verdichtung, Renovation und Diversifizierung des Baubestands.
Entwurfsidee
Wir wollten verstehen, was genau diese Form des Wohnens bei den Schweizerinnen und Schweizern so beliebt macht. Ein spannender Diskurs entsteht, denn Einfamilienhäuser sind den Planenden meist ein Dorn im Auge. Beim Eigenheim sind schnell viele Emotionen im Spiel. Es wird persönlich. Wie kann man dieser Form des Wohnens eine tatsächliche Alternative bieten? Denn für uns ist klar, die Typologie des geliebten Eigenheims muss dichter werden. Gleichzeitig bieten solche locker bebauten Gebiete viel Potenzial für echte Grünräume und damit eingehender Biodiversität. Der Entwurf ist analytisch, experimentell. Mit einem Verständnis für die Eigentümer*innen nutzen wir deren intrinsische Motivation für eine Transformation und Neuinterpretation ihres Zuhauses. Denn in was investiert man mehr als in das Eigene?
Projektierung
Die Grundidee ist, die Verdichtung durch die Aufhebung der bestehenden Baugesetze zu fördern. Mit der neuen Charta wird die maximal neu baubare Fläche anhand der neu intensiv begrünten Fläche auf der Parzelle gemessen. Damit werden die Grenzen des Eigentums die Grenzen des Machbaren. Jeder neu bebaute Kubikmeter führt also zu einer direkten Erhöhung der Biodiversität. Die angestossene Transformation findet in einer Zeit statt, in der der Druck auf die Einfamilienhausbesitzer steigt. Immer höhere Preise, immer mehr Menschen, im Wallis wird es heisser. Doch der Wunsch nach dem Eigenheim bleibt. Auf drei Einfamilienhausparzellen an der Rue de Ronques entwickeln wir mögliche Eingriffe, bei denen wir einem bestehenden Haus weitere Parteien ankoppeln. Die sich aus der Analyse herauskristallisierten Kern-Grundwerte des Einfamilienhauses bleiben bestehen, neue Synergien entstehen.
Realisierung
Da wir davon überzeugt sind, dass die Strategien nicht nur auf Granges, sondern auf viele weitere Agglomerationen zutreffen werden, kam es uns gerade recht, dass wir die Grundrisse der bestehenden Häuser nicht zur Verfügung hatten. Um den Bestand zu rekonstruieren, kombinierten wir die Grundrisse der weitverbreiteten Swisshaus-Standardhäuser mit den Grundmassen und Fensterpositionen der Häuser an der Rue de Ronques. Mit Bildern aus Wohnungsinseraten der jeweiligen Entstehungszeit und Gebäudecharakter konnten die Grundrisse zu realistischen Entwürfen kombiniert werden. Wir versuchten dann aus der Perspektive der jeweiligen Bewohner die Einfamilienhäuser zu transformieren. Wir versuchten die Architektin in uns abzulegen und persönliche Beweggründe vor gestalterische Ansprüche zu stellen.
Besonderheiten
Wir sehen unsere Aufgabe als junge Architekturschaffende darin, die Gesellschaft zu untersuchen und ihre Bedürfnisse zu verstehen. Dabei wollen wir wertungsfrei zuhören, um dann eine demokratische Haltung einnehmen zu können. Wir sehen uns in diesem Prozess als Vermittlerinnen, die helfen, eine Entwicklung anzustossen und zu begleiten.
Next Generation Projekt eingereicht für den Arc Award 2023 von Lucia Marienfeld und Gina Probst, HSLU - Hochschule Luzern