Kern-Areal West, Aarau
,
Schweiz
Veröffentlicht am 03. August 2018
Hochschule Luzern Technik und Architektur
Teilnahme am Swiss Arc Award 2018
Projektdaten
Basisdaten
Gebäudedaten nach SIA 416
Beschreibung
Das winkelförmige MFH mit EFH-Qualitäten bildet den Abschluss der benachbarten Industriebauten. Die Eventküche ist Teil der Umgebungsgestaltung, wobei der Hof als Bindeglied zwischen den beiden Bauten liegt. In der Küche stehe die Funktion und das dramaturgische Eintreten in eine andere Welt im Zentrum.
Ausgangslage
Die zu bebauende Parzelle liegt im Industriegebiet Schachen in Aarau. Im Südosten grenzt ein Hang von dreissig Metern Höhe an die Parzelle. Im Nordwesten befindet sich ein denkmalgeschützter Industriebau, welcher einst der Firma Kern angehörte. Richtung Nordwesten befindet sich einerseits eine Schulanlage mit diversen Sportplätzen und andererseits ein Weitblick über flache Grünflächen.
Die Aufgabe ist, im interdisziplinären Team gemeinsam mit der Bauherrin eine Eventküche zu planen und in der späteren disziplinären Phase ein Wohnhaus.
Städtebau
Das gesetzte, L-förmige Wohnhaus bildet den Abschluss der benachbarten blockrandartigen Industriebauten. Die Eventküche, Cookuk, gliedert sich an den Hang und ist Teil der Umgebungsgestaltung. Mit dieser Setzung entsteht zwischen den beiden Neubauten und dem ehemaligen Kerngebäude ein Hof. Hangseitig nimmt die Eventküche die Geländerundung mit Versätzen auf, wobei die Fassade zum Hof flächiger ausgebildet ist. Gegen die Strasse reagiert das Wohngebäude mit einem Hochparterre, wobei die Erdgeschosswohnungen zum Hof nur wenig erhöht sind.
Wohnform
Da das neue Wohngebäude im Industriegebiet Platz findet, stellt sich die Frage, wie dort gewohnt wird. Diese spezielle Lage lässt spezielle Wohnformen zu. Dieses Projekt widmet sich dem Thema Mehrfamilienhaus mit Einfamilienhausqualitäten. Das heisst, es gibt ein nachbarschaftliches Zusammenleben über den Hof und einen privaten Aussenraum. Pro Eingang sind nur zehn Parteien erschlossen. Die Wohnungen lassen sich über Schaltzonen vergrössern und verkleinern. Die Privatsphäre hat eine hohe Priorität. Der Bezug zur Natur ist wichtig. Etc.
Hof
Der Hof ist zugänglich, wirkt jedoch privat. Er soll von den Bewohnern angeeignet werden. Das heisst, es gibt im Hof zentral einen Platz mit befestigtem Kies. Um diesen verläuft ein grüner Gürtel mit hohem Gras und Sträuchern. Dieser Grünstreifen schafft Distanz zu den etwas erhöhten Erdgeschosswohnungen und zum Cookuk. Die Grenze zwischen Platz und Grünstreifen soll auf natürliche Weise etwas verwischt werden. Der asphaltierte, öffentliche Zugang zum Kerngebäude und Cookuk ist mit einer Sitzmauer zum Hof abgegrenzt.
Wohnungen
Im Wohnhaus orientieren sich die lebendigeren Räume zum Hof. Dazu gehören Essraum, Büro oder Küche, der private Aussenraum, der Eingang und das Treppenhaus. So verstärkt sich der Bezug der Bewohner zum Hof. Die Eltern können die Kinder im Hof aus der Wohnung beaufsichtigen. Tritt der Besucher durch die Vorgärten ins Haus, hört er die spielenden Kinder aus dem Hof und sieht zugleich in dessen Grün. Diese Atmosphäre begleitet den Besucher über das aussenliegende Treppenhaus bis vor die Wohnungstür.
An der Strassenfassade sind das Wohnzimmer und die Schlafzimmer angeordnet, wie auch die Schaltzone. Die Schaltzone umfasst zwei Zimmer, ein Badezimmer und ein vom Treppenhaus belichteter, flexibel nutzbarer Raum. Dieser flexibel nutzbare Raum kann zum Musizieren, zum Bügeln, für Sport oder Hobbys, wie Nähen ect. verwendet werden.
Materialisierung
Zur Strasse nimmt das Wohnhaus mit hellblauem Verputz die Farbabfolge von der Altstadt bis zum Industriequartier auf. Das Haus steht auf einem niederen Betonsockel. Die Kommunikationsschicht zum Hof ist in zwei unterschiedlich hellen Sichtbetons angedacht, damit das Raster zusätzlich betont wird. Mit dem geschliffenen, sichtbaren Anhydrit zieht sich die Betonoptik nach innen. Diese bildet zugleich einen Kontrast zu den sichtbaren Holzwänden und -decken im Innenraum. Mit grauen Einbaumöbeln in Betonoptik sollen die beiden Materialien ineinander verankert werden. Blasse rotbraune Fenster beleben den Innenraum und machen diesen unkonventionell. Zugleich beleben sie die Fassade, indem sie dem Hellblau gegenübergesetzt werden.
Die Fassaden an der Strasse nehmen die Strenge der Industriebauten auf und trotzdem soll das Wohnhaus erkennbar sein. Im Hof öffnet sich mit der bewegten Kommunikationsschicht als Fassade eine neue Welt.
Konstruktion
Um ein gutes Innenraumklima zu erreichen, besteht das Haus aus einem fünfgeschossigen Holzrahmenbau. Die Aussteifung funktioniert über die Beplankung. Genügt diese nicht, kann das Gebäude mit Brettstapelelementen verstärkt werden. Im Untergeschoss fangen Unterzüge die Lasten der aussteifenden Wände ab und verteilen diese auf die Stützen oder leiten sie in die Aussenwände.
Für die Gebäudetechnik gibt es in jeder Wohnung eine separate Steigzone. Zusätzlich befindet sich eine Steigzone in der Schaltzone. Das Abwasser wird aus dem Untergeschoss der Kanalisation zugeführt. Die restlichen Leitungen verlaufen im Untergeschoss an der Decke in den Technikraum, welcher zentral zwischen den beiden Riegeln an der Strasse liegt.
Eventküche
Bei der Erarbeitung der Eventküche mit der Bauherrin standen nebst der Funktionalität, die Dramaturgie und das Eintreten in eine andere Welt im Zentrum. Massive, tragende Backsteinwände und filigrane Innenausbauten erzeugen diese Atmosphäre. Die sichtbar geführten Leitungen an der Decke zonieren einerseits die Raumhöhe und unterstützen zusätzlich die raue, industrielle Stimmung.