Kula Beograd 1-4
,
Serbien
Veröffentlicht am 30. September 2020
Teilnahme am Swiss Arc Award 2021
Projektdaten
Basisdaten
Gebäudedaten nach SIA 416
Beschreibung
Eine städtebauliche Ideenfindung für das Belgrader Dorcol-Viertel und wie die junge und dennoch traditionsbewusste, serbische Bevölkerung zukünftig zusammenleben will.
Ausgangslage
Architektur schafft Lebensraum und baut dabei auf einer vorhandenen Geschichte auf. Bei unserem Entwurf für die gestaltung des Dorcolviertels legten wir den Fokus auf das Zusammenführen von traditionellen Lebensweisen und modernen Bedürfnissen der serbischen Bevölkerung. Dabei spielt das Ästhetische eine zweitrangige Rolle. Im Vordergrund stehen soziale Verbindungen und die Mitgestaltung durch die Bewohnerinnen und Bewohner von Belgrad. Dies wird in unseren Augen durch die Architektur zu wenig berücksichtigt, wenn es darum geht in einer grösseren Struktur eine Siedlung zu planen.
Entwurfsidee
Verträgt ein so geschichtsträchtiger Ort wie das historische Handels- & Wohnviertel Dorcol eine durchgeplante und bis auf den letzten Quadratzentimeter architektonisch definierte Wohnsiedlung? Wir sagen Nein: Was bleibt wären verwahrloste Innenhöfe, leere Gartenanlagen und früher oder später eine charakterlose Trabantenstadt. Der industriellen Vergangenheit von Dorcol wollen wir sowohl im äusseren Erscheinungsbild, als auch im Inhalt Rechnung tragen. Das Erdgeschoss gehört in erster Linie traditionell dem Gewerbe. Gewohnt wird darüber. Erst durch diese Trennung, welche gleichzeitig Durchmischung bedeutet, entsteht ein Austausch, wird das Stadtviertel, die Stadt belebt und lebendig. Neue Gewerbebetriebe müssen nicht definiert oder gesucht werden, sie sind bereits vorhanden. Darüber wird in drei Volumen rund um das zentrale Herzstück gewohnt. Erschlossen werden die Wohnungen mit Brücken und Türmen, welche die Möglichkeit eines regen Austausches fördern.
Projektierung
Diese Türme sind ein Versprechen.
Während das Herzstück mit seinem Wasserturm und dem Kran als pumpender Motor des Areals fungiert, bilden die Türme die Venen und Adern, die Mensch und Energie bis in die obersten Etagen befördern. Das Lebensnotwendige wird überall hin verteilt, noch bevor die ersten Wohnungen errichtet sind. Bis dahin stehen die Türme der kreativen und innovativen Bevölkerung Belgrads zur Verfügung.
An die Türme schmiegt sich eine Tragstruktur, welche etappenweise und modular ausgebaut wird, je nach Nachfrage. Was wir planen ist eine strukturell definierte Grundlage, die viel Platz für Eigeninitiative und Individualität lässt. Dieses Credo zieht sich durch das gesamte Konzept.
Besonderheiten
Und die Wohnungen? Historisch gesehen wird auf dem Balkan am liebsten generationsübergreifend mit der eigenen (grossen!) Familie gewohnt. Diese Lebensform vermischt sich mit der modernen Nachfrage nach Single-, sowie Kleinwohnung und Gross-WG‘s. Unser Projekt stellt eine Mischung aus Tradition und Fortschritt her. Gewohnt wird grundsätzlich zusammen. Was sich unterscheidet sind die Rückzugsräume. Differenziert wird in Cluster, Klein- und Familienwohnungen. Diese teilen sich jeweils einen gemeinsam genutzten Bereich. Mal mehr, mal weniger Innenraum. Dazu kommen Infrastrukturen, die sämtlichen Bewohnern zur Verfügung stehen, beispielsweise die Treibhäuser auf dem Dach des Herzstücks, die Wäscherei oder die Bibliothek. Fläche für weitere individuelle Angebote ist reichlich vorhanden und darf (oder soll!) durch die Bewohner nach eigenen Bedürfnissen gestaltet werden. Dadurch soll eine Identität geschaffen werden. Die Menschen sollen sagen ich wohne in Kula - was in der serbischen Sprache Turm bedeutet.